OGH: Voraussetzungen der Neubemessung des Unterhaltsanspruchs (iZm abgeschlossenem Vergleich)
Handelte es sich beim Vortitel um einen Vergleich, darf die Neubemessung auch bei erheblicher Änderung der Verhältnisse seit Vergleichsabschluss nicht losgelöst von der bisherigen vertraglichen Regelung und der in dieser unter Bedachtnahme auf die in diesem Zeitpunkt gegebenen Verhältnisse zum Ausdruck kommenden Konkretisierung der Bemessungsgrundsätze durch die Parteien lediglich aufgrund der abstrakten gesetzlichen Regelung geschehen
§ 94 ABGB
GZ 10 Ob 95/11k, 06.12.2011
OGH: Die Rechtsansicht des Klägers, die derzeitigen Bemessungskriterien für eine Neubemessung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten seien bekannt, weshalb die Rechtssache iSe Bestätigung des Ersturteils entscheidungsreif sei, lässt außer Betracht, dass eine rückwirkende Neufestsetzung oder Unterhaltsherabsetzung eine Änderung der Verhältnisse seit der letzten Unterhaltsentscheidung oder vergleichsweisen Unterhaltsregelung voraussetzt. Voraussetzung für die gerichtliche Abänderung ist eine wesentliche Änderung der unterhaltsrelevanten Umstände oder eine Änderung der einschlägigen Gesetzeslage. Handelte es sich beim Vortitel um einen Vergleich, darf die Neubemessung auch bei erheblicher Änderung der Verhältnisse seit Vergleichsabschluss nicht losgelöst von der bisherigen vertraglichen Regelung und der in dieser unter Bedachtnahme auf die in diesem Zeitpunkt gegebenen Verhältnisse zum Ausdruck kommenden Konkretisierung der Bemessungsgrundsätze durch die Parteien lediglich aufgrund der abstrakten gesetzlichen Regelung geschehen. Vielmehr hat diese - anknüpfend an den zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich - unter Berücksichtigung sowohl dieser durch die Parteien konkretisierten Bemessungsgrundsätze als auch der inzwischen eingetretenen Änderung der Verhältnisse zu erfolgen, wobei nötigenfalls eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen ist. Dies gilt aber dann nicht, wenn die Parteien von vornherein die Absicht gehabt haben, nur eine einvernehmliche Ausmittlung des aktuellen gesetzlichen Anspruchs ohne vorsätzliche Vernachlässigung oder Überbewertung einzelner Bemessungsfaktoren vorzunehmen; ebenso wenig, wenn sie den seinerzeit vereinbarten Unterhaltsbetrag zu keiner Bemessungsgröße in eine bestimmte Relation stellen wollten bzw dies nicht mehr erweislich ist. In diesen Fällen ist auf die seinerzeitigen Verhältnisse ebenso wenig Bedacht zu nehmen wie im Fall vielschichtiger Änderungen.