VwGH: Berichtigung von Namen im Geburtenbuch iZm mj Kindern eines Prinzen
Die mj Kinder können in Österreich kein Recht auf Führung einer Adelsbezeichnung (hier: Prinz) aus dem Umstand ableiten, dass ihr Vater nach dem Namensrecht anderer Mitgliedstaaten der Union zur Führung eines solchen Namens berechtigt ist
§ 15 PStG, § 9 IPRG, § 13 IPRG, § 93 ABGB, § 139 ABGB, AdelsaufhebungsG
GZ 2009/17/0067, 15.09.2011
Der eheliche Vater der mj Bf ist sowohl österreichischer als auch ungarischer Staatsangehöriger. Nach österreichischem Recht führt er den Familiennamen L-W. Nach ungarischem Recht führt er gem der "Urkunde" des Innenministeriums der ungarischen Republik vom 3. Dezember 1996 den Familiennamen Prinz-L-W. Seine Ehefrau und Mutter der beiden Bf ist deutsche Staatsangehörige, die Eheschließung erfolgte im Jahr 2001 in Deutschland; die Eheleute führen den ungarischen Familiennamen des Vaters der Kinder, Prinz-L-W, als gemeinsamen Familiennamen.
Die Bf sind österreichische, deutsche und ungarische Staatsangehörige. Nach deutschem und nach ungarischem Recht führen sie den Familiennamen Prinz-L-W.
VwGH: Aus dem Blickwinkel allein der innerstaatlichen Rechtslage (also ohne Bedachtnahme auf Unionsrecht) ist die Beurteilung der Behörden des Verwaltungsverfahrens, dass die beiden Bf rechtens den Namen L-W zu führen hätten und nicht Prinz-L-W, zutreffend. Das IPRG sieht, was die Führung des Namens anlangt, keine Rechtswahl vor (eine solche kommt daher nicht in Betracht). Das bedeutet, dass die Frage, welchen Namen der Vater der Kinder zu führen hat, gem § 13 Abs 1 IPRG auf Grund seines Personalstatutes, und, da er nebst der ungarischen auch die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, gem § 9 Abs 1 IPRG allein nach österreichischem Recht zu beurteilen ist und nicht etwa an Stelle dessen nach dem ungarischen. Daher ist L-W sein nach § 139 ABGB maßgeblicher Familienname. Die Mutter der Kinder führte vor der Eheschließung den Familiennamen Z. Auf Grundlage des innerstaatlichen österreichischen Rechtes konnten die Eltern der Kinder daher gem § 93 Abs 1 ABGB den Namen Prinz-L-W nicht zum gemeinsamen Familiennamen wählen, weil ihn keiner der beiden Verlobten führte. Ebenso wenig konnten sie diesen Namen zum Familiennamen der Kinder bestimmen (§ 93 Abs 3 iVm § 139 Abs 2 ABGB).
Die Beurteilung der Behörde des Verwaltungsverfahrens, dass die Kinder nach österreichischem Recht (zunächst noch ohne Bedachtnahme auf Unionsrecht) ab Geburt den Familiennamen L-W und nicht Prinz-L-W zu führen hatten, ist daher - entgegen der in der Beschwerde geäußerten Auffassung - zutreffend.
Zu prüfen ist aber weiters, ob das Unionsrecht, wie von den Bf vorgetragen, eine abweichende Beurteilung gebietet.
Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass im Lichte der bisherigen Rsp des EuGH (vgl die Urteile des EuGH vom 2. Oktober 2003, Rs C-148/02, Garcia Avello, und vom 14. Oktober 2008, Rs C-353/06, Grunkin und Paul, sowie zuletzt vom 22. Dezember 2010, Rs C- 208/09, Sayn-Wittgenstein) davon auszugehen ist, dass die Situation der Bf nach Auffassung des EuGH vom Unionsrecht erfasst wird. Der EuGH geht nämlich davon aus, dass ungeachtet des Umstandes, dass die Regelung des Nachnamens in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, diese bei dieser Regelung gleichwohl das Unionsrecht beachten müssen, "sofern es sich nicht um einen internen Sachverhalt handelt, der keinerlei Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweist". Von einem internen Sachverhalt ohne jeglichen Bezug zum Gemeinschaftsrecht (Unionsrecht) kann im Beschwerdefall schon auf Grund der mehrfachen Staatsangehörigkeit der Bf und ihres Vaters (in Mitgliedstaaten der EU) nicht gesprochen werden. Der Umstand, dass die belangte Behörde keine Feststellungen zum Aufenthalt der Bf getroffen hat (auf diesen stellt der EuGH im Urteil Grunkin und Paul unter Verweis auf das Urteil in der Rechtssache Garcia Avello ab, wiewohl in letzterer die betroffenen Kinder überdies die Doppelstaatsbürgerschaft hatten), führt somit nicht dazu, dass mangels Vorliegens entsprechender Feststellungen zum Bezug zum Gemeinschaftsrecht (nunmehr Unionsrecht) iSd Rsp des EuGH die Frage, ob das Unionsrecht zur Anwendung kommt noch nicht beantwortet werden könnte. Nach den Beschwerdeausführungen halten sich die Bf im Übrigen (wohl: überwiegend) in Österreich auf, machen aber nach dem Beschwerdevorbringen auch von der Freizügigkeit nach Gemeinschaftsrecht durch Aufenthalte in anderen Mitgliedstaaten der Union Gebrauch.
Es kann dahingestellt bleiben, ob im Beschwerdefall - wie in der Beschwerde ua im Hinblick auf eine Eintragung in einer italienischen Sozialversicherungskarte behauptet wird - umso mehr noch als im Fall Grunkin und Paul Österreich einen Namen der Bf anzuerkennen hätte, der sich von dem nach der österreichischen Rechtsordnung zu führenden unterscheidet, der aber bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Union, in dem sie etwa geboren worden wären oder in den sie sich in Ausübung der Grundfreiheiten begeben hätten, in das Geburtenbuch, in ein Personenstandsregister oder sonst bei der Ausstellung einer Urkunde eingetragen oder verwendet worden wäre.
Wie der EuGH nämlich im Urteil vom 22. Dezember 2010, Rs C- 208/09, Sayn-Wittgenstein, ausgeführt hat, sind die von der Beschwerde hervorgehobenen Grundsätze, die aus dem Urteil in der Rechtssache Grunkin und Paul abzuleiten sind, in einem Mitgliedstaat, in dem eine Verfassungsbestimmung zur Herstellung der Gleichheit Vorrechte des Adels auch hinsichtlich der Namensführung untersagt, nicht anwendbar, soweit der betroffene Name, dessen Führung begehrt wird, gegen diese Verfassungsbestimmung verstoßen würde.
Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 17. Februar 2010, 2008/17/0114, (in einem Fall ohne Gemeinschaftsrechtsbezug) ausgesprochen hat, folgt aus dem Adelsaufhebungsgesetz für österreichische Staatsbürger, dass das Recht zur Führung adeliger Standesbezeichnungen aufgehoben ist. Ebenso wie in jenem Fall der Bf das Recht zur Führung der Bezeichnung "Graf" nicht aus dem Umstand ableiten konnte, dass sein Wahlvater den Nachnamen Graf von X und Y auf Grund der deutschen Rechtslage rechtmäßig führe, können die Bf kein Recht auf Führung einer solchen Bezeichnung (hier: Prinz) aus dem Umstand ableiten, dass ihr Vater nach dem Namensrecht anderer Mitgliedstaaten der Union zur Führung eines solchen Namens berechtigt ist.
Im Erkenntnis vom 28. Februar 2011, 2010/17/0278, hat der VwGH schließlich im Anlassfall zum Urteil des EuGH in der Rechtssache Sayn-Wittgenstein für eine Berichtigung des Familiennamens im Geburtenbuch aus dem Urteil des EuGH den Schluss gezogen, dass die Ablehnung der Anerkennung eines Namensbestandteils, der eine Adelsbezeichnung enthält (im damaligen Fall "Fürstin"), gerechtfertigt iSd Antwort des EuGH auf die Vorabentscheidungsanfrage sei. Gleiches gilt im Beschwerdefall für den Namensbestandteil "Prinz".
Es ist daher nicht näher auf die Frage einzugehen, ob und inwieweit der vorliegende Sachverhalt (Geburt in Österreich, Eintragung ins österreichische Geburtenbuch, Fehler bei der Eintragung, Berichtigung, Berufung der Bf auf Urkunden eines anderen Mitgliedstaates wie eine Sozialversicherungskarte) tatsächlich mit jenem in den Fällen Grunkin und Paul und Garcia Avello vergleichbar ist und eine Anerkennung eines von einer ausländischen Behörde in Abweichung von dem nach dem Personalstatut maßgeblichen Recht etwa bereits "festgelegten" Namens erforderlich wäre.
Es trifft vielmehr nicht zu, dass "jedwede Bestimmung, die es den Bf verunmöglicht, ihren in Deutschland und Ungarn seit Geburt eingetragenen Familiennamen P-L-W in Österreich zu führen, einzutragen oder zu behalten" gegen Unionsrecht (in der Beschwerde wird auf Art. 12, 17 und 18 EG Bezug genommen) verstoße.
Im Hinblick auf das mittlerweile ergangene Urteil in der Rechtssache Sayn-Wittgenstein erübrigt es sich, die konkreten Folgerungen aus den Urteilen in den Rechtssachen Garcia Avello und Grunkin und Paul und die allfällige Notwendigkeit eines (in der Beschwerde zur Frage der Übertragbarkeit der Aussagen in den genannten Urteilen auf den vorliegenden Fall angeregten) Vorabentscheidungsersuchens betreffend eine Sachverhaltskonstellation wie die vorliegende zu prüfen.
Die Abweisung der Berufung der Bf verstößt daher auch nicht gegen Unionsrecht.