VwGH: Kopienakt der Sicherheitsdirektion als „Datei“ iSd § 4 Z 6 DSG 2000?
Der von der Sicherheitsdirektion angelegte "Kopienakt" ist nicht als Datei zu qualifizieren
§ 4 Z 6 DSG 2000, § 6 DSG 2000
GZ 2011/17/0266, 16.11.2011
Der Bf wurde im Jahr 2009 wegen des Verdachts von Sexualdelikten, insbesondere des Delikts der Vergewaltigung (§ 201 StGB), sowie wegen Betruges (§§ 146 ff StGB) bei der Staatsanwaltschaft Linz angezeigt. In der Folge sprach das LG Linz den Bf mit Urteil vom 17. August 2009 von allen Anschuldigungen rechtskräftig frei.
Durch Datenauskünfte der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 16. April 2010 und vom 16. Juni 2010 erfuhr der Bf, dass zu seiner Person im Wirkungsbereich der Sicherheitsdirektion Daten wegen des Verdachts der vorhin genannten Delikte weiterhin gespeichert würden.
Am 24. Dezember 2010 beantragte der Bf unter Nachweis seiner Identität mittels einer Kopie des Reisepasses bei der Sicherheitsdirektion, sämtliche zu seiner Person iZm den angeführten sicherheitsbehördlichen Ermittlungen verarbeiteten Daten, insbesondere "im KPA, in den Allgemeinen Protokollen (wie PAD) und in den entsprechenden Erhebungsakten, zu löschen" und den Bf hievon zu verständigen.
Die belangte Behörde ging sachverhaltsmäßig davon aus, dass betreffend den Bf und das gegenständliche Ermittlungsverfahren keine Daten mehr von der Sicherheitsdirektion in der zentralen Informationssammlung der Sicherheitsbehörden verarbeitet würden. Das Ermittlungsverfahren sei mit Hilfe des PAD-Systems für den Zuständigkeitsbereich der Sicherheitsdirektion dokumentiert worden, wobei sowohl Protokollierungs- und Aktenverwaltungsdaten ("äußere") PAD-Daten als auch elektronisch dokumentierter Akteninhalt ("innere") PAD-Daten, zB die Niederschriften über die Einvernahmen des Bf als Beschuldigten vom 29. Oktober 2008 und 3. Februar 2009 verarbeitet und verwendet worden seien. Daneben bestehe ein mit weiterem Inhalt ergänzter Papierakt des Ermittlungsverfahrens ("Kopienakt").
VwGH: Wie der VwGH insbesondere in dem Erkenntnis vom 17. Februar 2010, 2009/17/0064, in Anschluss an die dort angeführte Rsp des VfGH ausgesprochen hat, besteht auch aus seiner Sicht kein Anlass, bei der Beurteilung des "Kopienaktes" davon abzugehen, dass dieser nicht als Datei zu qualifizieren sei; hinsichtlich der PAD-Dateien ist auf die auch hier zu ungunsten des Bf ausschlagende Interessenabwägung gem § 6 Abs 1 Z 5 DSG 2000 zu verweisen. Ob darüber hinaus aus der für den gerichtlichen Bereich geltenden Bestimmung des § 75 StPO noch weitere wertungsmäßige Anhaltspunkte zu gewinnen sind, kann jedenfalls im Beschwerdefall dahingestellt bleiben.