OGH: Unlauterer Wettbewerb und den freien Wettbewerb einschränkendes Verhalten gem Art 6 Rom II-VO – ausschließliche Beeinträchtigung der Interessen eines bestimmten Wettbewerbers (Art 6 Abs 2 iVm Art 4 Rom II-VO)
Die Regelanknüpfung am Erfolgsort (Art 6 Abs 2 iVm Art 4 Abs 1 Rom II-VO) entspricht nicht dem Marktortprinzip iSv Art 6 Abs 1 Rom II-VO, sondern verweist auf die vom beanstandeten Verhalten betroffene Haupt- oder allenfalls Zweigniederlassung des beeinträchtigten Mitbewerbers
Art 6 Rom II-VO, Art 4 Rom II-VO
GZ 4 Ob 12/11k, 20.09.2011
OGH: Soweit sich die Klägerinnen auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage gegen die rechtswidrige Übernahme und Verwertung ihres „geistigen Eigentums“ wenden, behaupten sie ein ausschließlich gegen ihre Interessen gerichtetes Verhalten der Beklagten.
Nach Art 6 Abs 2 Rom II-VO ist in solchen Fällen nicht das Marktortrecht iSv Art 6 Abs 1 Rom II-VO, sondern die allgemeine Kollisionsnorm des Art 4 Rom II-VO anzuwenden.
Damit sind jedenfalls die in Art 4 Abs 2 und 3 Rom II-VO vorgesehenen Ausweichklauseln anwendbar. Nicht einheitlich beantwortet wird demgegenüber die Frage, ob die Regelanknüpfung am Erfolgsort (Art 4 Abs 1 Rom II-VO) im Ergebnis ohnehin dem Marktortprinzip iSv Art 6 Abs 1 Rom II-VO entspricht oder aber auf die vom beanstandeten Verhalten betroffene Haupt- oder allenfalls Zweigniederlassung des beeinträchtigten Mitbewerbers verweist.
Für ersteres spricht zwar EG 21 Rom II-VO, wonach Art 6 Abs 1 Rom II-VO keine Ausnahme von der allgemeinen Regel bildet, sondern diese lediglich präzisiert; das legt es nach Auffassung einer Minderheit im Schrifttum nahe, den Erfolgsort iSv Art 6 Abs 2 iVm Art 4 Abs 1 Rom II-VO iSd Art 6 Abs 1 Rom II-VO zu verstehen.
In diesem Fall hätte es allerdings ausgereicht, in Art 6 Abs 2 Rom II-VO nur auf Art 4 Abs 2 und 3 Rom II-VO zu verweisen oder entsprechende Ausweichklauseln vorzusehen. Aufgrund dieser systematischen Erwägungen folgt daher die Mehrheit des Schrifttums, soweit das Problem gesehen wird, der zweitgenannten Auffassung, knüpft also an der Hauptniederlassung oder der betroffenen Zweigniederlassung des Geschädigten an. Damit wertungsmäßig übereinstimmend hat der Senat in einem Domain-grabbing-Fall den Sitz des behinderten Mitbewerbers als Erfolgsort iSv Art 5 Nr 3 EuGVVO gewertet.
An dieser Auffassung ist grundsätzlich festzuhalten. Im Regelfall tritt der Schaden bei ausschließlich betriebsbezogenen Störungen bei der Hauptniederlassung oder der betroffenen Zweigniederlassung des Geschädigten ein. Ansprüche der Erstklägerin sind daher nach Art 6 Abs 2 iVm Art 4 Abs 1 Rom II-VO jedenfalls nach österreichischem Lauterkeitsrecht zu beurteilen.