VwGH: Maßnahmenbeschwerde iZm Anwesenheit eines Sicherheitswachebeamten bei ärztlichen Untersuchungen und Anwesenheit eines Amtsarztes bei der Untersuchung durch den Vertrauensarzt des Angehaltenen
Aus dem in § 4 Abs 1 AnhO festgelegten Grundsatz, dass die Häftlinge unter Achtung ihrer Menschenwürde und mit möglichster Schonung ihrer Person anzuhalten sind, ergibt sich, dass dem Wunsch eines Häftlings, mit dem Arzt allein gelassen zu werden, zu entsprechen ist, soweit dem nicht Sicherheitsinteressen entgegenstehen
§ 67a Z 2 AVG, Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, § 88 SPG, § 4 AnhO
GZ 2008/21/0516, 29.09.2011
Die Beschwerde wendet sich gegen die Anwesenheit eines Sicherheitswachebeamten bei ärztlichen Untersuchungen sowie gegen die Anwesenheit eines Amtsarztes bei der Untersuchung durch seinen Vertrauensarzt.
VwGH: Was die Anwesenheit eines Sicherheitswachebeamten bei den ärztlichen Untersuchungen sowie die Anwesenheit eines Amtsarztes bei der Untersuchung durch den Vertrauensarzt des Bf betrifft, so ergibt sich die Zulässigkeit dieser Vorgangsweise, anders als die belanget Behörde meint, nicht ohne weiteres aus der AnhO. Vielmehr ist diese Frage dort nicht ausdrücklich geregelt. Aus dem in § 4 Abs 1 AnhO festgelegten Grundsatz, dass die Häftlinge unter Achtung ihrer Menschenwürde und mit möglichster Schonung ihrer Person anzuhalten sind, ergibt sich jedoch, dass dem Wunsch eines Häftlings, mit dem Arzt allein gelassen zu werden, zu entsprechen ist, soweit dem nicht Sicherheitsinteressen entgegenstehen. Mit der Frage, ob im Beschwerdefall die Anwesenheit eines Sicherheitswachebeamten - insbesondere zur Gewährleistung der Sicherheit der jeweiligen behandelnden Ärzte, wobei auch deren subjektivem Sicherheitsbedürfnis Rechnung zu tragen ist - erforderlich war, hat sich die belangte Behörde aber in Verkennung der Rechtslage nicht auseinandergesetzt.
Für die Anwesenheit des Amtsarztes bei der Untersuchung durch den vom Häftling frei gewählten Arzt können Sicherheitsinteressen von vornherein schwerlich ins Treffen geführt werden. § 10 Abs 5 letzter Satz AnhO normiert einschränkende Bedingungen für die "Beiziehung des eigenen Arztes zu Untersuchungen durch den in Abs 1 genannten Arzt (den Amtsarzt)", trifft aber entgegen der Ansicht der belangten Behörde keine Anordnung für den umgekehrten Fall, nämlich das "Beiziehen" des Amtsarztes zu Untersuchungen durch den eigenen Arzt.
Soweit die Beschwerde gegen die dargestellten Modalitäten der ärztlichen Untersuchungen abgewiesen wurde, war der angefochtene Bescheid daher gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.