08.11.2011 Zivilrecht

OGH: Nacheheliche Vermögensaufteilung und gemeinschaftliche Kreditverbindlichkeiten – Verständigungsobliegenheit des Kreditgebers?

Die Rechtsauffassung, es bestehe eine Obliegenheit des Gläubigers von Ehegatten Forderungen innerhalb der Frist des § 95 EheG zumindest außergerichtlich geltend zu machen, um die (geschiedenen) Ehegatten darauf aufmerksam zu machen, dass sie auf diese Forderung allenfalls durch eine zeitgerechte Antragstellung gem § 98 Abs 1 EheG reagieren können, findet im Gesetz nicht die geringste Deckung


Schlagworte: Eherecht, Scheidung, Aufteilung, gemeinschaftliche Kreditverbindlichkeiten, Haftung für Kredite, keine Verständigungsobliegenheit des Kreditgebers
Gesetze:

§§ 81 ff EheG, § 98 EheG, § 95 EheG

GZ 1 Ob 188/11w, 13.10.2011

 

OGH: Die Rechtsauffassung des Revisionswerbers, es bestehe eine Obliegenheit des Gläubigers von Ehegatten Forderungen innerhalb der Frist des § 95 EheG zumindest außergerichtlich geltend zu machen, um die (geschiedenen) Ehegatten darauf aufmerksam zu machen, dass sie auf diese Forderung allenfalls durch eine zeitgerechte Antragstellung gem § 98 Abs 1 EheG reagieren können, findet im Gesetz nicht die geringste Deckung. Ob gemeinschaftliche Kreditverbindlichkeiten bestehen, die im Zuge der nachehelichen Vermögensaufteilung zu berücksichtigen sind, hat jeder Ehegatte selbst zu beurteilen, ohne dass es auch nur in irgendeiner Weise sachlich begründbar wäre, dem Kreditgeber - der ja im Regelfall von der Ehescheidung gar keine Kenntnis hat - insoweit eine Verständigungsobliegenheit zuzuweisen. Ist für einen Ehegatten das Bestehen einer (gemeinsamen) Kreditverbindlichkeit unsicher, steht es ihm zur Wahrung seiner Interessen jedenfalls frei, vorsorglich einen (rechtzeitigen) Antrag nach § 98 EheG zu stellen. Hat der Beklagte dies nun aufgrund eigener Sorglosigkeit unterlassen, kann er sich nicht darauf berufen, dass die „verspätete“ Geltendmachung des Anspruchs auf Rückzahlung der Darlehensbeträge als „sittenwidrige Umgehung der Bestimmungen der §§ 81 ff EheG“ durch die Gläubigerin anzusehen wäre, die den Verlust der Forderung ihm gegenüber zur Folge hätte.