VwGH: Nachtschwerarbeit iSd Art VII Abs 2 NSchG
Dass der Arbeitnehmer mit Chemikalien hantieren muss, die zumindest bei Unterlassen von Schutzmaßnahmen auch gesundheitsschädliche Wirkungen haben können, reicht für das Vorliegen von Nachtschwerarbeit iSd NSchG nicht aus; das Vorliegen der vom Gesetz verlangten erschwerten Arbeitsbedingungen kann nicht durch in keiner Weise nachprüfbare Aussagen der betroffenen Dienstnehmer geklärt werden
Art VII NSchG
GZ 2008/08/0036, 07.09.2011
Der Bf macht geltend, er habe jedenfalls schwere körperliche Arbeit bei gleichzeitiger besonders belastender Hitzeexposition iSd Art VII Abs 2 Z 10 NSchG geleistet. Zudem sei er ständigen gesundheitsschädlichen Einwirkungen von inhalativen Schadstoffen ausgesetzt gewesen.
VwGH: Nachtschwerarbeit iSd NSchG liegt nur dann vor, wenn eine der in Art VII Abs 2 NSchG genannten Bedingungen erfüllt ist. Die belangte Behörde ist auf die Frage der Kombination von schwerer körperlicher Arbeit mit besonders belastender Hitzeexposition iSd Art VII Abs 2 Z 10 deshalb nicht näher eingegangen, weil schon das Vorliegen der iS dieser Bestimmung jedenfalls - zusätzlich zur körperlich schweren Arbeit - erforderlichen Hitzebelastung iSd in dieser Bestimmung gegebenen Definition nicht festgestellt werden konnte.
Soweit der Bf das Unterbleiben der Einholung von (weiteren) Sachverständigengutachten rügt, ist darauf hinzuweisen, dass für den Zustand seines Arbeitsplatzes, wie er jedenfalls ab 2001 - und nach den Zeugenaussagen und auch dem eigenen Vorbringen des Bf in dieser Form seit Fertigstellung der neuen Farbküche etwa ab 1989 - bestanden hat, eine Stellungnahme der Betriebsärztin vorliegt, die keinerlei Zweifel daran lässt, dass die im Beschwerdefall strittigen Bedingungen des Art VII Abs 2 Z 2, 8 oder 10 NSchG nicht erfüllt sind. Auch die Stellungnahme des Arbeitsinspektionsarztes legt dar, dass kein ständiges gesundheitsschädliches Einwirken von inhalativen Schadstoffen, die zu einer Berufskrankheit iSd Anlage 1 zum ASVG führen könnten, und auch keine Hitzeexposition wie in Art VII Abs 2 oder 10 NSchG beschrieben, gegeben war. Diesen ärztlichen Stellungnahmen ist der Bf nicht substantiiert entgegengetreten und hat auch in den Verwaltungsverfahren keine weiteren Beweisanträge zur Einholung von Sachverständigengutachten gestellt. Den Beweisanträgen zur Einvernahme weiterer Zeugen ist die belangte Behörde nachgekommen. Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie keine weiteren Gutachten eingeholt hat, zumal die Sachlage jedenfalls für den Zeitraum ab Fertigstellung der neuen Farbküche auf Grund der ärztlichen Stellungnahmen als zweifelsfrei geklärt angesehen werden konnte und im Hinblick auf die davor liegenden Zeiträume auch nicht ersichtlich ist (und vom Bf auch nicht aufgezeigt wurde), auf welcher Sachverhaltsgrundlage die Erstellung entsprechender Gutachten möglich gewesen wäre (in diesem Zusammenhang ist auf das hg Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, 90/08/0053, zu verweisen, wonach unter der Voraussetzung unveränderter Produktionsbedingungen - die im Beschwerdefall jedoch vor der Errichtung der neuen Farbküche gerade nicht vorliegen - auch Gutachten neueren Datums eingeholt werden können).
Festzuhalten ist, dass der Bf seine Auffassung, es habe entgegen den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen eine Hitzeexposition (iSd Art VII Abs 2 Z 2 NSchG, gegebenenfalls iem schwerer körperlicher Arbeit gem Art VII Abs 2 Z 10 NSchG) an seinem Arbeitsplatz bestanden, va auf seine eigene Wahrnehmung sowie die Aussagen der Arbeitskollegen und des Vorgesetzten stützt. Deren Aussagen stimmen jedoch - anders als dies der Bf ausführt - im Hinblick auf die Hitzeexposition tatsächlich nicht überein; so hat etwa der Zeuge P angegeben, dass es in der (alten) Farbküche "sehr heiß" gewesen sei, allerdings in der "neuen" Farbküche die Hitze kein Problem mehr gewesen sei, der Zeuge K hat angegeben, dass er keine konkreten Angaben machen könne, er aber "das Gefühl habe, dass es im Magazin wärmer war als in der Halle", zwei weitere Zeugen konnten sich nicht erinnern bzw keine Angaben machen. Vor diesem Hintergrund kann es - abgesehen davon, dass für Zeiträume ab der Tätigkeit in der neuen Farbküche außer den Aussagen des Bf (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, 90/08/0054, wonach das Vorliegen der vom Gesetz verlangten erschwerten Arbeitsbedingungen nicht durch in keiner Weise nachprüfbare Aussagen der betroffenen Dienstnehmer geklärt werden kann) keinerlei Beweisergebnisse vorliegen, die für eine Hitzeexposition iSd Art VII Abs 2 Z 2 oder 10 NSchG sprechen würden - nicht als unschlüssig erkannt werden, wenn die belangte Behörde auf Grund der Angaben des Dienstgebers, der eine entsprechende Hitzeexposition auch in der alten Farbküche in Abrede stellte, und der Stellungnahmen des Arbeitsinspektionsarztes (sowie für den Zeitraum ab 2001 auch der Betriebsärztin) zum Ergebnis gekommen ist, dass eine Hitzeexposition, wie sie Bedingung für das Vorliegen von Nachtschwerarbeit iSd Art VII Abs 2 Z 2 NSchG bzw - bei zusätzlichem Vorliegen von schwerer körperlicher Arbeit - iSd Art VII Abs 2 Z 10 NSchG wäre, nicht gegeben war. Der Bf hat auch keine Umstände dargelegt, die auf eine Vergleichbarkeit gem der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales betreffend Belastungen iSd Art VII Abs 2 Z 2, 5 und 8 des NSchG, BGBl Nr 53/1993, hingewiesen hätten.
Auch im Hinblick auf das Vorliegen des ständigen gesundheitsschädlichen Einwirkens von inhalativen Schadstoffen, die zu einer Berufskrankheit iSd Anlage 1 zum ASVG führen können, ist der Bf den ärztlichen Stellungnahmen nicht substantiiert entgegengetreten. Dass der Bf mit Chemikalien hantieren musste, die zumindest bei Unterlassen von Schutzmaßnahmen auch gesundheitsschädliche Wirkungen haben konnten, reicht für das Vorliegen von Nachtschwerarbeit iSd NSchG nicht aus; erforderlich ist vielmehr ein ständiges Einwirken gerade jener inhalativer Schadstoffe, die zu anerkannten Berufskrankheiten führen können, was vom Arbeitsinspektionsarzt in seinen Stellungnahmen ausdrücklich verneint wurde. Auch dass die in § 4 der bereits zitierten Verordnung BGBl. Nr 53/1993 genannten Schadstoffe am Arbeitsplatz des Bf vorgekommen wären, wurde weder behauptet, noch liegen dafür irgendwelche Anhaltspunkte im Verwaltungsakt vor.