19.10.2011 Verfahrensrecht

VwGH: Unklarer (verfahrenseinleitender) Antrag

Wenn der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens unklar ist, ist die Behörde entsprechend den ihr gem § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern


Schlagworte: Unklarer (verfahrenseinleitender) Antrag, Ermittlungsverfahren, Präzisierung
Gesetze:

§ 37 AVG, § 39 AVG, § 13 AVG

GZ 2010/12/0213, 29.06.2011

 

VwGH: Wenn der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens unklar ist, ist die Behörde entsprechend den ihr gem § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern. Im Falle eines unklaren Anbringens ist die Behörde nicht berechtigt, diesem eine für den Standpunkt der Partei nach Auffassung der Behörde günstige Deutung zu geben; erst recht fehlt der Behörde die Befugnis, einem solchen unklaren Anbringen einen ungünstigen Inhalt zu unterstellen, insbesondere, soweit die Deutung der Behörde einen Antrag als unzulässig oder in der Sache unbegründet erweisen würde.

 

In diesem Sinn ist der Hinweis im Vorerkenntnis vom 16. September 2009 zu verstehen, dass das in der Eingabe vom 13. Februar 2009 (verfahrenseinleitender Antrag) erhobene Begehren vorerst einer näheren Konkretisierung nach Art und Umfang des Anspruchs bedurft hätte. Dieser Antrag, der die bescheidförmige Feststellung des Anspruchs auf "rechtmäßige Abgeltung der Sonn- und Feiertagsdienste" nach dem GehG begehrt, ist nämlich unklar und auslegungsbedürftig, enthält er doch keine konkrete besoldungsrechtliche Forderung. Eine solche Klarstellung des Inhalts des Antrags ist aber Voraussetzung für einen konkreten bescheidförmigen Abspruch (hier: über die Gebührlichkeit bestimmter Nebengebühren für bestimmte Dienste). Im Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen in diesem Antrag lässt sich ihm (derzeit) nur entnehmen, dass diese Forderung iZm dem Dienst des Bf beim Kommando Luftraumüberwachung als Flugsicherungsoffizier steht und offenbar auf eine Abgeltung seiner (von ihm geleisteten) Sonn- und Feiertagsdienste durch eine Sonn- und Feiertagsvergütung nach § 17 Abs 1 bis 3 GehG anstelle der ihm ausbezahlten Sonn- und Feiertagszulage nach § 17 Abs 4 GehG abzielt, weil er die von den Dienstbehörden für ihre Einordnung der besoldungsrechtlichen Ansprüche zugrunde liegende Auffassung, diese Sonn- und Feiertagsdienste würden aufgrund eines Schicht- und Wechseldienstplanes erbracht, als unzutreffend ansieht. Bereits die Dienstbehörde erster Instanz hätte den Bf zu dieser Präzisierung des Rechtsgrundes seines von ihm in seinem verfahrenseinleitenden Antrag vom 13. Februar 2009 geltend gemachten besoldungsrechtlichen Anspruchs auffordern müssen. Die Aufforderung zur Klarstellung hat durch die Berufungsbehörde zu ergehen, wenn die erste Instanz ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist. Nach den bisherigen Unterlagen läge eine derartige (wie oben angedeutete) Konkretisierung auch innerhalb des Verfahrensgegenstands des bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides bei der belangten Behörde anhängig gewesenen Berufungsverfahrens. Dass der Bf im Verwaltungsverfahren rechtsfreundlich vertreten war, entbindet die Behörde nicht von ihrer nach §§ 37 iVm 39 AVG bestehenden Verpflichtung, ihn zu dieser Klarstellung aufzufordern. Auswirkungen hat dies lediglich für die Manuduktionspflicht nach § 13a AVG.

 

Die belangte Behörde hat dadurch, dass sie - ausgehend von einer verfehlten Rechtsauffassung - den Bf nicht zur Klarstellung seines verfahrenseinleitenden Antrags aufgefordert hat, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet, weshalb er nach § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.