18.10.2011 Zivilrecht

OGH: § 364 ABGB iZm Liegenschaftserwerb in Flugplatznähe

Bei gesundheitsschädlichen Immissionen besteht eine Duldungspflicht nur dann, wenn die Duldung in Kenntnis der Gesundheitsschädlichkeit erfolgt; dabei ist nicht subjektiv auf den Kenntnisstand des Erwerbers abzustellen, sondern darauf, ob einem durchschnittlich sorgfältigen Erwerber die Gesundheitsschädlichkeit der Immission erkennbar gewesen wäre


Schlagworte: Nachbarrecht, (gesundheitsschädliche) Immissionen, Flugplatz, Liegenschaftserwerb, Duldungspflicht
Gesetze:

§ 364 Abs 2 ABGB

GZ 6 Ob 113/11b, 14.09.2011

 

Der Kläger ist seit 1997 Eigentümer der von ihm bewohnten Liegenschaft; der Flughafen Linz-Hörsching wurde bereits als Zivilflughafen betrieben.

 

OGH: Nach stRsp des OGH müssen sich neu hinzukommende Nachbarn grundsätzlich mit der im Gebiet vorherrschenden Immission abfinden, zumal in immissionsbelasteteren Gebieten auch die Grundstückspreise entsprechend niedriger sind. Dies gilt auch dann, wenn im Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs eine Zunahme der Immissionen objektiv bereits voraussehbar war. Bei gesundheitsschädlichen Immissionen (auf solche beruft sich der Kläger im vorliegenden Verfahren) besteht eine Duldungspflicht zwar nur dann, wenn die Duldung in Kenntnis der Gesundheitsschädlichkeit erfolgt; dabei ist nicht subjektiv auf den Kenntnisstand des Erwerbers abzustellen, sondern darauf, ob einem durchschnittlich sorgfältigen Erwerber die Gesundheitsschädlichkeit der Immission erkennbar gewesen wäre. Ist dies der Fall, dann muss der Erwerber auch eine gesundheitsschädliche Immission als ortsüblich dulden. Das Abstellen auf den durchschnittlich sorgfältigen Erwerber bedeutet aber nicht, dass gesundheitsschädliche Immissionen ortsüblich sein könnten; es besteht lediglich eine Duldungspflicht in dem Sinn, dass der Erwerber einer von Immissionen betroffenen Liegenschaft auf eigene Gefahr handelt und deshalb jene Nachteile, die aus der Immission erfolgen, hinnehmen muss. Dem Kläger obliegt es dabei zu behaupten und zu bescheinigen, dass auch einem durchschnittlich verständigen Erwerber die Gesundheitsschädlichkeit nicht erkennbar gewesen sei.

 

Diese zuletzt zu einer Eisenbahnanlage vertretenen Grundsätze (2 Ob 57/09k) lassen sich zwanglos auch auf Flugplätze anwenden. Für einen „durchschnittlich sorgfältigen Erwerber“ einer in einem Abstand von 14 km zu einem Stadtflughafen situierten Liegenschaft wäre es durchaus vorhersehbar gewesen, dass dessen Immissionen nicht nur üblich (voraussehbar, normal) zunehmen, sondern sich auch plötzlich verändern können, etwa durch die Neuanordnung von Flugrouten.