21.09.2011 Verfahrensrecht

VwGH: Vorlageantrag gem § 64a Abs 2 AVG (hier: iZm unrichtiger Bezeichnung des Rechtsmittels)

Der Vorlageantrag darf sich nur darauf richten, dass die ursprüngliche Berufung der Berufungsbehörde vorgelegt wird; die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels allein vermag dessen Unzulässigkeit nicht zu begründen; für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ist vielmehr ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem Antrag gestellten Begehrens maßgeblich


Schlagworte: Vorlageantrag, Berufungsvorentscheidung, unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels
Gesetze:

§ 64a AVG, § 13 AVG

GZ 2009/07/0151, 30.06.2011

 

VwGH: In der Begründung seines Bescheides vom 21. Oktober 2004 beruft sich der LH auf § 64a AVG. Dieser Bescheid des LH stellt damit eine Berufungsvorentscheidung dar, die als eine Entscheidung der Behörde in der Sache - ebenso wie eine Sachentscheidung der Berufungsbehörde nach § 66 Abs 4 AVG - an die Stelle des mit Berufung angefochtenen Bescheides des LH vom 18. August 2004 tritt und diesen - im Umfang, in dem er angefochten wurde - daher zur Gänze ersetzt. Berufungsvorentscheidungen können gem § 64a Abs 2 AVG mit Vorlageantrag bekämpft werden. Dieser ist das ordentliche Rechtsmittel gegen Berufungsvorentscheidungen. Das Einlangen eines Vorlageantrages hat gem § 64a Abs 3 AVG zur Folge, dass die Berufungsvorentscheidung außer Kraft tritt. Mit dem Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung infolge eines zulässigen Vorlageantrages liegt keine dem Rechtsbestand angehörende Entscheidung über die Berufung mehr vor, und die Kompetenz zur Entscheidung über die - wieder unerledigte - Berufung geht auf die Berufungsbehörde über.

 

In der Eingabe vom 8. November 2004 erhob die bf Partei "Berufung" gegen den Bescheid des LH vom 21. Oktober 2004 und beantragte "die Vorlage der Akten" (auch zum Bescheid des LH vom 18. August 2004) an die belangte Behörde. Unter einem beantragte die bf Partei "die Aufhebung der mit den Bescheiden vom 21. 10. und 18. 08. 2004 erteilten Aufträge und die Einstellung der betreffenden Verfahren".

 

Dabei ist die Frage zu beantworten, ob die Eingabe der bf Partei vom 8. November 2004 als Vorlageantrag zu werten ist. Die bf Partei spricht in dieser Eingabe explizit von "Berufung". Die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels allein vermag dessen Unzulässigkeit jedoch nicht zu begründen; für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ist vielmehr ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem Antrag gestellten Begehrens maßgeblich. Eine Umdeutung der unrichtig bezeichneten Eingabe in das vom Gesetz vorgesehene Rechtsmittel käme nur dann nicht in Betracht, wenn sich aus der Rechtsmittelerklärung und dem Rechtsmittelantrag unmissverständlich das Begehren der Partei nach einer Entscheidung über das (unzulässige) Rechtsmittel - insbesondere durch eine im Instanzenzug unzuständige Behörde - ergebe.

 

Der Vorlageantrag darf sich nur darauf richten, dass die ursprüngliche Berufung der Berufungsbehörde vorgelegt wird. In der Eingabe vom 8. November 2004 beantragte die bf Partei die Aufhebung "der mit den Bescheiden vom 21. 10. und 18. 08. 2004" erteilten Aufträge. Der Wortlaut dieses Antrages würde für die Annahme sprechen, der Rechtsmittelantrag habe sich nicht auf die Vorlage der ursprünglichen Berufung gerichtet. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die bf Partei sowohl gegen den Bescheid vom 18. August 2004 (nochmals) als auch gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2004 "Berufung" erhoben hat. Unter einem beantragte sie in dieser Eingabe vom 8. November 2004 "die Vorlage der Akten (auch zum Bescheid vom 18.8.2004, …) an die Berufungsbehörde".

 

Streng genommen beschränkt sich der Vorlageantrag der bf Partei in dieser Eingabe auf eine Aktenvorlage. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die - wie bereits ausgeführt - unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels als Berufung diese Eingabe der bf Partei, die zum damaligen Zeitpunkt zudem nicht rechtsanwaltlich vertreten gewesen ist, nicht als unzulässig erscheinen lässt. Vielmehr verunmöglicht sie nicht die Deutung, dass eigentlich eine Vorlage ihrer ursprünglichen Berufung vom 18. August 2004 an die belangte Behörde beabsichtigt gewesen ist. Da gem § 64a Abs 3 AVG die Berufungsvorentscheidung mit Einlangen des Vorlageantrages außer Kraft tritt, ist die Formulierung im Spruch des angefochtenen Bescheides, womit die Berufungsvorentscheidung bestätigt wird, verfehlt. Dies bewirkt aber keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil der Spruch trotz dieser mangelhaften Formulierung in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit zum Ausdruck bringt, dass damit in eben solcher Weise entschieden werden sollte, wie nach der - wenn auch nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden - Berufungsvorentscheidung.