VwGH: Bestellung eines Sachverständigen gem § 52 AVG und Kostentragung durch antragstellende Partei gem § 76 AVG
Die antragstellende Partei hat nur für die Kosten eines notwendigen Sachverständigengutachtens aufzukommen; ein Kostenvorschuss kann nur für ein notwendiges Sachverständigengutachten vorgeschrieben werden
§ 52 AVG, § 76 AVG
GZ 2010/03/0069, 30.06.2011
Die belangte Behörde erachtete es als notwendig, "zur Beurteilung der entscheidungsrelevanten Tatfragen" (Zitat aus der Begründung der Sachverständigenbestellungsbeschlüsse) einen nichtamtlichen Sachverständigen beizuziehen, weil ihr - so die weitere Begründung der Bestellungsbeschlüsse - keine Amtssachverständigen des erforderlichen Fachgebiets zur Verfügung stünden.
VwGH: Soweit die Beschwerde die Notwendigkeit einer Begutachtung in Frage stellt und deshalb eine Zahlung der begehrten Vorschüsse verweigern möchte, ist ihr Folgendes zu erwidern:
Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen (insbesondere auch Gebühren, die einem Sachverständigen zustehen), so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gem § 76 Abs 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat.
Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann nach § 76 Abs 4 AVG die Partei, die den verfahrensleitenden Antrag gestellt hat, zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
Nach § 52 Abs 1 AVG ist Voraussetzung für die Beiziehung eines Sachverständigen, dass die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig ist. Dies gilt auch, wenn mangels eines Amtssachverständigen ein nichtamtlicher Sachverständiger herangezogen wird. Diese Bindung einer Sachverständigenbeiziehung an die Notwendigkeit eines Sachverständigenbeweises bewirkt, dass die antragstellende Partei auch nur für die Kosten eines notwendigen Sachverständigengutachtens aufzukommen hat und ihr ein Kostenvorschuss nur für ein notwendiges Sachverständigengutachten vorgeschrieben werden kann.
Ausgehend davon ist das Vorbringen der Bf, die Beiziehung des gegenständlichen Gutachters sei entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht notwendig gewesen, auch in den gegenständlichen Verfahren, in denen es um die Vorschreibung von Gebührenvorschüssen nach § 76 Abs 4 AVG geht, beachtlich.
Die Aufnahme eines Sachverständigenbeweises ist - abgesehen von Fällen, in denen die Verwaltungsvorschriften die Einholung eines Gutachtens ausdrücklich anordnen - erforderlich, wenn zum Zwecke der Ermittlung des beweisbedürftigen und maßgeblichen Sachverhalts Tatfragen zu klären sind, deren Beantwortung nicht schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung, sondern nur aufgrund besonderer Fachkenntnisse und Erfahrungen möglich ist. Die selbständige Beurteilung solcher Fachfragen ist der Behörde im Allgemeinen verwehrt.
Es ist hingegen keine Aufgabe des Sachverständigen, den Sachverhalt rechtlich zu beurteilen. Vielmehr hat sich die Behörde aufgrund des Sachverständigengutachtens ihr Urteil über die Rechtsfragen zu bilden.