VwGH: Zur Antragslegitimation im Nachprüfungsverfahren gem § 320 BVergG 2006 und der Voraussetzung des Schadens
Ein dem Antragsteller drohender Schaden iSv § 320 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 liegt bereits dann vor, wenn die Möglichkeit des Antragstellers, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden kann; dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, wird im Nachprüfungsantrag bereits dann entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist
§ 320 BVergG 2006
GZ 2009/04/0128, 22.06.2011
VwGH: Gem § 320 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 kann ein Unternehmer die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm (ua) durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Die Voraussetzungen der Antragslegitimation im Nachprüfungsverfahren wurden in Übereinstimmung mit der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG (im Folgenden: Richtlinie 89/665) geregelt. Aus deren Art 1 Abs 3 ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten nicht gehalten sind, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Nachprüfungsverfahren jedem zur Verfügung zu stellen, der einen bestimmten Auftrag erhalten will, sondern es ihnen freisteht, zusätzlich zu verlangen, dass der betreffenden Person durch den behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw zu entstehen droht. Demgemäß ist es grundsätzlich zulässig, die Teilnahme an einem Auftragsvergabeverfahren zur Voraussetzung dafür zu machen, dass die betreffende Person sowohl ein Interesse an dem fraglichen Auftrag als auch einen aufgrund der angeblich unrechtmäßigen Zuschlagserteilung drohenden Schaden nachweisen kann.
Ein dem Antragsteller drohender Schaden iSv § 320 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 liegt bereits dann vor, wenn die Möglichkeit des Antragstellers, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden kann. Dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, wird im Nachprüfungsantrag bereits dann entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist.
Wird die fehlerhafte Wahl des Vergabeverfahrens angefochten, ergibt sich die Antragslegitimation daraus, dass der Unternehmer an dem gesetzwidrigen Vergabeverfahren teilnehmen musste, um seine Chance auf den Zuschlag zu wahren. Gleiches gilt, wenn der Unternehmer eine Ausschreibung aus anderen Gründen - wie vorliegend im Beschwerdefall wegen Nichtangabe der sowohl vom BVergG 2006 als auch unionsrechtlich geforderten Mindestanzahl von aufzufordernden Unternehmen - anficht, weil er ansonsten an dem gesetzwidrigen Vergabeverfahren teilnehmen muss, um seine Chance auf den Zuschlag zu wahren. Als Schadenersatz kommt in diesem Zusammenhang insbesondere der in § 338 BVergG 2006 angeführte Anspruch auf Ersatz der Kosten der Angebotsstellung in Frage. Der erste Absatz dieser Bestimmung nennt nämlich ausdrücklich die Kosten der Angebotsstellung als Schaden und Abs 2 verpflichtet den Geschädigten, diesen Schaden (ua) durch Stellen eines Nachprüfungsantrages abzuwenden, was voraussetzt, dass ein solcher Schaden als Schaden nach § 320 Abs 1 BVergG 2006 zur Nachprüfung der angefochtenen Ausschreibung führen kann.