03.08.2011 Sonstiges

VwGH: Wasserrechtliche Bewilligung – Stammbewilligung und Änderungsbewilligung

Beim Vorliegen einer Stammbewilligung und einer Änderungsbewilligung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren ist die Frage der Derogation der Stammbewilligung durch die Änderungsbewilligung bzw des Umfangs einer solchen Derogation, im Einzelfall zu beantworten; neben der Möglichkeit einer gänzlichen Derogation der Stammbewilligung durch die Änderungsbewilligung besteht auch die Möglichkeit, dass die Änderungsbewilligung zur Stammbewilligung hinzutritt und im Umfang ihres sachlichen Geltungsbereiches den entsprechenden Inhalt der Stammbewilligung überlagert; die Änderungsbewilligung bildet in diesem Fall zusammen mit der Stammbewilligung eine Gesamtbewilligung und stellt sich insoweit als Einheit dar


Schlagworte: Wasserrecht, Stammbewilligung, Änderungsbewilligung, Gesamtbewilligung, Derogation
Gesetze:

§ 111 WRG

GZ 2008/07/0227, 24.03.2011

 

VwGH: Beim Vorliegen einer Stammbewilligung (hier: der im Instanzenzug mit dem angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltene Bescheid der BH vom 27. März 2008) und einer Änderungsbewilligung (hier: der Bescheid der BH vom 9. Jänner 2009) ist die Frage der Derogation der Stammbewilligung durch die Änderungsbewilligung bzw des Umfangs einer solchen Derogation, im Einzelfall zu beantworten. Neben der Möglichkeit einer gänzlichen Derogation der Stammbewilligung durch die Änderungsbewilligung besteht auch die Möglichkeit, dass die Änderungsbewilligung zur Stammbewilligung hinzutritt und im Umfang ihres sachlichen Geltungsbereiches den entsprechenden Inhalt der Stammbewilligung überlagert. Die Änderungsbewilligung bildet in diesem Fall zusammen mit der Stammbewilligung eine Gesamtbewilligung und stellt sich insoweit als Einheit dar.

 

Dem Bf ist daher nicht dahin zu folgen, wenn er meint, dass der bekämpfte Bescheid völlig unabhängig, wenn auch inhaltlich durch Derogation verändert, neben dem Bescheid vom 9. Jänner 2009 weiter wirke. Der Bescheid vom 9. Jänner 2009 beinhaltet eine Änderungsbewilligung des (im Instanzenzug aufrecht erhaltenen) Bescheides vom 27. März 2008 und bezieht sich an mehreren Stellen in unterschiedlicher Weise auf diesen Bescheid, sodass von einem unbeeinflussten "Nebeneinanderwirken" beider Bescheide keine Rede sein kann.

 

Es kann aber dahinstehen, ob vom Vorliegen einer "Gesamtbewilligung" oder ob davon auszugehen ist, dass der Abänderungsbescheid vom 9. Jänner 2009 dem (im Instanzenzug aufrecht erhaltenen) Bescheid vom 27. März 2008 zur Gänze derogiert hat.

 

Im letztgenannten Fall einer Derogation des Bescheides vom 27. März 2008 zur Gänze, konnte der Bf dadurch, dass der genannte Bescheid mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufrechterhalten wurde, in keinen Rechten mehr verletzt werden.

 

Aber auch dann, wenn man die Ansicht vertreten würde, Teile des Bescheides vom 27. März 2008 seien bestehen geblieben und bildeten mit dem Bescheid vom 9. Jänner 2009 eine Einheit iSe "Gesamtbewilligung", wäre für den Bf nichts gewonnen. Diesfalls könnte nur diese Gesamtbewilligung, die sich aus den (im Instanzenzug aufrecht erhaltenen) nicht derogierten Teilen des Bescheides vom 27. März 2008 (das wären im Wesentlichen die Befristung und die Feststellung nach § 111 Abs 4 WRG) und dem (in Bezug auf die Gestaltung der Wasserbenutzung maßgeblichen) Bescheid vom 9. Jänner 2009 zusammensetzt, Rechte des Bf verletzen. Diese "Gesamtbewilligung" wurde vom Bf aber nicht in Beschwerde gezogen; um eine durch die "Gesamtbewilligung" bewirkte Rechtsverletzung geltend zu machen, wäre es notwendig gewesen, auch gegen den Bescheid vom 6. März 2009, mit dem die Berufung des Bf gegen den Bescheid vom 9. Jänner 2009 zurückgewiesen wurde, Beschwerde zu erheben. Das hat der Bf aber unterlassen.

 

Dabei wird nicht verkannt, dass der Bf in beiden Verfahren um die Zuerkennung seiner Parteistellung in den jeweiligen Verfahren kämpfte. Dieser Umstand führt aber zu keiner anderen Beurteilung des vorliegenden Falles.

 

Unter der Annahme des Vorliegens einer "Gesamtbewilligung" müsste der Bf, um in den zur Gestaltung dieser "Gesamtbewilligung" führenden Verwaltungsverfahren als Partei auftreten zu können, beide Bescheide bekämpfen, weil nur so die Aufhebung beider Bescheide und damit der "Gesamtbewilligung" möglich wäre und er nur so in den beiden zur "Gesamtbewilligung" führenden Verfahren seine Parteistellung durchsetzen könnte. Schließlich setzt die Annahme des Vorliegens einer "Gesamtbewilligung" auch die Annahme des Vorliegens eines "Gesamtverfahrens" voraus, wozu auch das Verfahren zur Erlassung des Änderungsbescheides zählt.

 

Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass die Aufhebung nur eines Teiles der "Gesamtbewilligung" (nämlich des angefochtenen Bescheides und in weiterer Folge des damit aufrecht erhaltenen Bescheides vom 27. März 2008) überhaupt möglich wäre, so würde eine solche Aufhebung dem Bf keine Parteistellung im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren betreffend die Änderungsbewilligung verschaffen. Es wäre ihm daher auch diesfalls nicht möglich, seine Rechte im Verfahren betreffend die "Gesamtbewilligung" entsprechend durchzusetzen.