03.08.2011 Verkehrsrecht

VwGH: § 45 Abs 4 StVO - Ausnahmebewilligung für das Parken in bestimmten Kurzparkzonen

Die Anmietung eines verfügbaren Abstellplatzes ist im Hinblick auf die von einem Antragsteller gem § 45 Abs 4 StVO zu tragenden ortsüblichen Kosten für ein Kfz zumutbar; eine private Abstellmöglichkeit schließt jedenfalls das persönliche Interesse des Antragstellers an einer Ausnahmegenehmigung aus


Schlagworte: Straßenverkehrsrecht, Ausnahmebewilligung für das Parken in bestimmten Kurzparkzonen, persönliches Interesse, private Abstellmöglichkeit, Anmietung, ortsübliche Kosten
Gesetze:

§ 45 Abs 4 StVO, § 43 Abs 2a StVO

GZ 2010/02/0021, 27.05.2011

 

VwGH: Mit der StVO-Novelle BGBl Nr 105/1986 wurde durch die Anfügung eines Abs 4 in § 45 StVO die Möglichkeit für Anrainer geschaffen, eine Ausnahmebewilligung für das Parken in bestimmten Kurzparkzonen - damals mit höchstens einem Jahr befristet - zu erhalten.

 

Es kommt nach dieser Bestimmung darauf an, dass ein "persönliches Interesse" an der Ausnahmebewilligung nachgewiesen wird, also ein Interesse, wonach spezifisch in der Person des Antragstellers gelegene Umstände vorliegen müssen, gerade in der Nähe des Wohnsitzes während der Parkzeitbeschränkung in der Kurzparkzone zu parken, wobei freilich ein solches berücksichtigungswürdiges persönliches Interesse, nur in einem Umstand begründet sein kann, der dieses Interesse von den allgemeinen Interessen der Anwohner, ihren PKW in der Nähe des Wohnsitzes zu parken, unterscheidet (vgl dazu jüngst das Erkenntnis vom 17. Dezember 2010, 2010/02/0170, mwN).

 

Nach den Materialien zur 19. StVO-Novelle muss ein persönliches Interesse nachgewiesen werden, in der Nähe gerade dieses Wohnsitzes zu parken. Ein solches liegt etwa dann nicht vor, wenn der Antragsteller über eine private Abstellmöglichkeit verfügt.

 

Dieser Passus in den Materialien ist nach der Rsp so zu verstehen, dass ein Antragsteller auch dann über eine private Abstellmöglichkeit "verfügt", wenn er - wie im Beschwerdefall die Bf - die tatsächliche Möglichkeit hat, in der Tiefgarage seiner Wohnhausanlage einen Abstellplatz zu mieten.

 

Der VwGH hat in dem - ebenfalls die Bf hinsichtlich der Nichterteilung einer Ausnahmebewilligung gem § 45 Abs 4 StVO betreffenden - Erkenntnis vom 23. Februar 2000, 99/02/0228, ausgesprochen, die - auch dort - belangte Behörde hätte bei der Beurteilung des persönlichen Interesses gem § 45 Abs 4 StVO im Hinblick auf die - damalige - Karenz der Bf zur Beantwortung der Frage der Zumutbarkeit der Anmietung eines Garagenplatzes eine Relation der Einkommens- und Vermögenssituation der Bf zu den - die Kosten für eine Ausnahmegenehmigung übersteigenden - Kosten der Anmietung eines Abstellplatzes herzustellen gehabt. Unter Bezug auf dieses Erkenntnis hat der VwGH  im schon zitierten Erkenntnis vom 17. Dezember 2010 einen emeritierten Rechtsanwalt betreffend ausgeführt, die - auch dort selbe - belangte Behörde habe die genannte Relation vorgenommen. Der VwGH hat demnach sachverhaltsspezifisch im Einzelfall (Karenz, Pensionierung) auch Überlegungen zu den Kosten eines zur Verfügung stehenden Parkplatzes angestellt.

 

Im zuletzt genannten Erkenntnis wird allerdings auch festgehalten, dass nur die Miete eines Abstellplatzes in unmittelbarer Nähe der Wohnung die Garantie des jederzeitigen Abstellens des Fahrzeuges im Nahbereich bietet. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs 4 StVO würde auf Grund der wechselnden Situation des ruhenden Verkehrs keine Abstellung eines Kfz in unmittelbarer Nähe zur Wohnung garantieren. Es kann somit keine Rede davon sein, dass dem Inhaber einer Ausnahmebewilligung ein Parkplatz in nächster Nähe seiner Wohnung verschafft werden kann, bestünde doch auch ohne eine Kurzparkregelung keinerlei Gewähr dafür, dass jeder Bewohner im unmittelbaren Nahbereich seines Wohnhauses einen Dauerparkplatz fände.

 

Da im Falle einer Gebietsabgrenzung iSd § 43 Abs 2a StVO die Erschwernisse der Wohnbevölkerung beim Parken in Kurzparkzonen ausgeglichen werden, hielt der VwGH fest, die verkehrspolitischen Zwecke der Parkraumbewirtschaftung seien nur dann zu erreichen, wenn eine sinnvolle Relation zwischen der Zahl der in einem bestimmten Gebiet vorhandenen Parkmöglichkeiten und der für dieses Gebiet erteilten Ausnahmebewilligungen bestehe. Eine Ausweitung des für eine Ausnahmebewilligung in Betracht kommenden Gebietes (Wohngebietes) oder eine Ausweitung des Geltungsbereiches einer Ausnahmebewilligung auf ein angrenzendes Gebiet würde die Parkerleichterungen für die Bewohner des einen oder des anderen Gebietes wieder beeinträchtigen. Jede Gebietsabgrenzung iSd § 43 Abs 2a StVO kann für die nahe den Gebietsgrenzen wohnende Bevölkerung zu relativen Härten führen. Dies wird sich auch nicht durch die Einführung von "Überlappungszonen" verhindern lassen.

 

Hat der Gesetz- bzw Verordnungsgeber keine solche Gebietsabgrenzung iSd § 43 Abs 2a StVO oder andere generelle Erleichterungen beim Parken für die Wohnbevölkerung vorgesehen, ist dies ein Indiz dafür, dass er iSe effektiven Parkraumbewirtschaftung die in einem bestimmten Gebiet vorhandenen Parkmöglichkeiten nicht bevorzugt von der Wohnbevölkerung genutzt wissen will. Nur im Einzelfall ("§ 45. Ausnahmen im Einzelfall") sollen dann Bewilligungen erteilt werden.

 

Der VwGH geht vor diesem Hintergrund nunmehr davon aus, dass die Anmietung eines verfügbaren Abstellplatzes im Hinblick auf die von einem Antragsteller gem § 45 Abs 4 StVO zu tragenden ortsüblichen Kosten für ein Kfz zumutbar ist. Eine private Abstellmöglichkeit schließt jedenfalls das persönliche Interesse des Antragstellers an einer Ausnahmegenehmigung aus. Wenn eine solche Abstellmöglichkeit zur Verfügung steht, ist eine Ausnahmebewilligung zu versagen.

 

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die Bf einen Abstellplatz in der Nähe ihrer Wohnung anmieten kann, wobei ihr der monatliche Betrag von 75 EUR zumutbar ist, weshalb die belangte Behörde zutreffend davon ausging, dass der Bf der Nachweis ihres persönlichen Interesses iSd § 45 Abs 4 StVO nicht gelungen ist.