VwGH: § 6 Z 1 und 2 EStG - Bewertung zum niedrigeren Teilwert
Der Teilwert ist ein objektiver Wert, der nicht auf der persönlichen Auffassung des einzelnen Steuerpflichtigen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung, sondern auf der allgemeinen Verkehrsauffassung beruht, wie sie in der Marktlage am Bilanzstichtag ihren Ausdruck findet
§ 6 EStG
GZ 2007/15/0015, 31.05.2011
Die Bf bringen vor, die belangte Behörde habe bei der Bewertung der Weinvorräte den Begriff des Teilwertes verkannt. Der Teilwert sei nach hL ein objektiver Wert. Die belangte Behörde habe bei Ermittlung des Wertes der Weinvorräte daher zu Unrecht auf "zahlreiche ausschließlich mit unserem Betrieb individuell zusammenhängende Umstände Bedacht genommen, die nicht nur teilweise unrichtig sind, sondern va nicht auf die Ermittlung des Teilwertes als objektiven Wert " abstellten. Beim Verkauf eines Weingutes seien generell sowohl für den Käufer als auch den Verkäufer die entscheidenden Elemente der Preisgestaltung die Lage und der Zustand der Weingärten samt Rebstöcken sowie die Kellerräumlichkeiten samt den entsprechenden Behältern für die Herstellung des Weines und die Fässer. Dem Weinvorrat als solches komme dabei nach allgemeiner Marktauffassung "minimalste Bedeutung bzw in der Regel gar keine Bedeutung zu". Im Rahmen des Gesamtkaufpreises eines aufrechten Weingutes würde der Käufer "minimalste" Beträge für die Weinvorräte ansetzen und der Verkäufer dies auch akzeptieren, weil die Kaufpreisbildung von ganz anderen, nämlich den erwähnten Elementen abhänge, die zweifelsfrei auch objektiv bestimmt werden könnten. Dieser Wert ergebe sich jeweils aus dem Fachblatt des Österreichischen Weines "Der Winzer". Die belangte Behörde hätte daher im Rahmen der Teilwertermittlung diesen von den Bf im Verwaltungsverfahren nachgewiesenen Wert für die vorhandenen Weinvorräte zum jeweiligen Bilanzstichtag ansetzen müssen.
VwGH: Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens und des Umlaufvermögens sind gem § 6 Z 2 lit a EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden. Teilwert ist nach dem vierten Satz des § 6 Z 1 EStG der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.
Die Bewertung zum niedrigeren Teilwert ist nach der Rsp des VwGH nur dann zulässig, wenn hinsichtlich dieses Wirtschaftsgutes am Bilanzstichtag eine entsprechende Entwertung eingetreten ist. Wer eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert durchführen will, hat die Entwertung des Wirtschaftsgutes nachzuweisen oder doch wenigstens glaubhaft zu machen.
Der Teilwert ist ein objektiver Wert, der nicht auf der persönlichen Auffassung des einzelnen Steuerpflichtigen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung, sondern auf der allgemeinen Verkehrsauffassung beruht, wie sie in der Marktlage am Bilanzstichtag ihren Ausdruck findet.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die belangte Behörde die Weinvorräte zu keinem die Herstellungskosten übersteigenden Wert angesetzt hat. Das Vorliegen eines niedrigeren Teilwertes wurde von der belangten Behörde als nicht erwiesen angenommen. Diese Beurteilung begegnet keinen Bedenken des Gerichtshofes.
Dass die Weine der Bf in einem besonders aufwändigen Prozess hergestellt und am Markt zu höheren Verkaufspreisen gehandelt werden als durchschnittliche Qualitätsweine, steht außer Streit. Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht der Bf um Umstände, die den objektiven Wert der Lagerbestände betreffen und nicht um persönliche Verhältnisse, die bei der Teilwertermittlung außer Ansatz bleiben müssten. Zu Recht hat die belangte Behörde den gedanklichen Ansatz der Bf, "objektive Werte" könnten nur an Hand durchschnittlicher in einer Fachzeitschrift veröffentlichter Werte gewonnen werden, als verfehlt bezeichnet. Werden die Lagerbestände am Markt zu dem von den Abgabenbehörden festgestellten Preis nachgefragt, was von den Bf nicht in Abrede gestellt wird, ist kein Grund ersichtlich, dass ein gedachter Erwerber des ganzen Betriebes nicht bereit sein sollte, zumindest die Herstellungskosten des Weinvorrates im Rahmen des Gesamtkaufpreises abzugelten. Mit Überlegungen zur Kaufpreisfindung beim Erwerb eines Weingutes kann der Nachweis eines niedrigeren Teilwertes der Weinvorräte nicht erbracht werden.