VwGH: Ladungsbescheid iZm Verdacht des Suchtgiftmissbrauchs
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ladungsbescheides zur Verfolgung der im § 12 Abs 1 SMG umschriebenen gesundheitspolizeilichen Zwecke ist, dass bestimmte Tatsachen zur Annahme zwingen, dass "eine Person Suchtgift missbraucht"; im Hinblick auf den Regelungsgegenstand ist als tatbestandsmäßig anzusehen, dass der Suchtgiftmissbrauch in der Person des Betreffenden selbst gelegen sein muss; das Vorhandensein derartiger "bestimmter Tatsachen" muss im Zeitpunkt der Ladung (hier: Erlassung des Ladungsbescheides) gegeben sein, wobei "der Verdacht eines aktuellen Suchtmittelmissbrauchs in einer bestimmten Dichte gegeben sein muss"
§ 12 SMG, § 19 AVG, § 18 Abs 5 AVG, § 56 AVG
GZ 2008/11/0051, 29.03.2011
VwGH: Im Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid enthaltene Androhung einer Zwangsmaßnahme für den Fall des Nichterscheinens vor der Behörde zum angegebenen Zeitpunkt besteht kein Zweifel, dass es sich dabei um einen Ladungsbescheid iSd § 19 AVG handelt.
Der VwGH hat iZm § 12 SMG bereits mehrfach die Auffassung vertreten, dass dann, wenn der Verdacht gegeben ist, eine Person missbrauche Suchtgift, im Hinblick auf allenfalls zu setzende ärztliche Maßnahmen Raschheit geboten sei. Im Regelfall könne daher nicht gesagt werden, dass es gleichgültig sei, ob der Betreffende früher oder später bei der Behörde erscheine, weshalb der Behörde eine Überschreitung des Auswahlermessens hinsichtlich der Form der Ladung nicht vorzuwerfen sei, wenn sie sich für einen Ladungsbescheid entscheidet.
In der Beschwerde wird geltend gemacht, es fehlten Gründe für die Annahme, der Bf missbrauche (aktuell) Suchtgift. Der einzige von der Behörde ihm angelastete Vorfall vom 18. Feber 2007 - bei welchem im Übrigen lediglich ein vor ihm auf dem Boden liegendes Säckchen mit Cannabiskraut, welches nicht ihm gehört habe, vorgefunden worden sei - biete dafür keine ausreichende Grundlage.
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ladungsbescheides zur Verfolgung der im § 12 Abs 1 SMG umschriebenen gesundheitspolizeilichen Zwecke ist, dass bestimmte Tatsachen zur Annahme zwingen, dass "eine Person Suchtgift missbraucht"; im Hinblick auf den Regelungsgegenstand ist als tatbestandsmäßig anzusehen, dass der Suchtgiftmissbrauch in der Person des Betreffenden selbst gelegen sein muss. Das Vorhandensein derartiger "bestimmter Tatsachen" muss im Zeitpunkt der Ladung (hier: Erlassung des Ladungsbescheides) gegeben sein, wobei "der Verdacht eines aktuellen Suchtmittelmissbrauchs in einer bestimmten Dichte gegeben sein muss". Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall jedoch nicht erfüllt.
Die belangte Behörde beruft sich für ihre Annahme, der Bf missbrauche Suchtmittel, allein auf den Abschlussbericht der Polizeiinspektion Lustenau, der einen Vorfall vom 18. Feber 2007 betrifft, wonach "bei (dem Bf) ca. 0,5 Gramm Cannabiskraut aufgefunden und sichergestellt" worden seien.
Dieser im Zeitpunkt der Erlassung des Ladungsbescheides bereits mehr als ein Jahr zurückliegende Vorfall konnte ohne das Hinzutreten weiterer Umstände aber nicht begründen, dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein hinreichender Verdacht auf aktuellen Suchtmittelmissbrauch bestand oder auch nur kurze Zeit zurückliegend Suchtgift tatsächlich missbraucht wurde. Auch der im polizeilichen Abschlussbericht aufgenommene Hinweis, dass der Bf "bis dato vier Mal wegen eines Vergehens oder Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz … angezeigt" worden sei, wobei die letzte Anzeige am 6. Feber 2006 erfolgt sei, bezieht sich ebenfalls auf weit zurückliegende Vorfälle, der Hinweis ist außerdem völlig unbestimmt und schon deshalb als Grundlage für die hier in Rede stehende Ladung nach der genannten Rechtslage nicht geeignet. Fehlt aber die entscheidende Voraussetzung für einen Ladungsbescheid, so erweist sich die vorgenommene Ladung als rechtswidrig.