26.05.2011 Steuerrecht

VwGH: Aussetzung der Einhebung gem § 212a BAO - Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gem Abs 2 lit c leg cit

Erst ein bestimmtes auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtetes Verhalten des Abgabepflichtigen schließt die Bewilligung der Aussetzung aus; entscheidend ist dabei die mit dem Verhalten verbundene objektive Gefährdungseignung, nicht jedoch das Motiv des Abgabepflichtigen


Schlagworte: Berufung, Aussetzung der Einhebung, Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe, Vorbehaltseigentum
Gesetze:

§ 212a BAO

GZ 2010/15/0044, 27.01.2011

 

VwGH: Gem § 212a Abs 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird. Gem Abs 2 lit c leg cit ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

 

Nach § 212a Abs 2 lit c BAO macht die bloße Gefährdung der Einbringlichkeit allein die Aussetzung nicht unzulässig. Erst ein bestimmtes auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtetes Verhalten des Abgabepflichtigen schließt die Bewilligung der Aussetzung aus. Entscheidend ist dabei die mit dem Verhalten verbundene objektive Gefährdungseignung, nicht jedoch das Motiv des Abgabepflichtigen. Ein auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtetes Verhalten liegt zB dann vor, wenn der Abgabepflichtige sein Vermögen an nahe Angehörige überträgt.

 

Unstrittig beabsichtigte und versuchte die Bf, Betriebsanlagen (Stickmaschinen) an die Mutter des Geschäftsführers der Bf zu veräußern. Auch wenn sich diese Maschinen im (vorbehaltenen) Eigentum der finanzierenden Bank befanden, handelt es sich entgegen der Beschwerde nicht bloß um einen "untauglichen Versuch" eines Verkaufs. Der Vorbehaltskäufer erwirbt neben der Anwartschaft auf Eigentum mit der Übergabe des Kaufobjektes ein Recht auf Innehabung und Gebrauch des Kaufobjektes. Das Anwartschaftsrecht kann als selbständig verkehrsfähiges Recht Gegenstand rechtsgeschäftlicher Verfügungen sein und verpfändet sowie weiterveräußert werden. Auch die Pfändung des Eigentumsanwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers ist zulässig. Rechte des Vorbehaltskäufers an einer unter Eigentumsvorbehalt übergebenen Sache sind demnach auch dem Zugriff der Gläubiger offenstehende Bestandteile seines Vermögens iSd § 156 Abs. 1 StGB (Betrügerische Krida): Gebrauchsrecht, Anwartschaftsrecht und Erstattungsanspruch auf Rückersatz erbrachter Teilleistungen sind verwertbar.

 

Dass der Bf durch den Verkauf des Anwartschaftsrechts (samt Recht des Gebrauches dieser Maschinen, der etwa auch durch eine Vermietung der Maschinen verwertet werden konnte) ein - dem Zugriff der Gläubiger offenstehender - Wert zugekommen wäre, ist schon deswegen nicht anzunehmen, weil auch nach dem Vorbringen der Bf der Kaufpreis zumindest zum Teil mit behaupteten Forderungen der Mutter des Geschäftsführers der Bf gegenverrechnet werden sollte.

 

Es liegt daher schon aus diesem Grund ein Verhalten der Bf vor, das auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet war. Dass dieses Rechtsgeschäft letztlich nicht erfüllt wurde, ändert daran nichts. Zweck der Vorschrift des § 212a Abs 2 lit c BAO ist es, einen Abgabepflichtigen, der sein Vermögen dem Zugriff des Abgabengläubigers zu entziehen versucht, daran zu hindern, den durch eine Aussetzung der Einhebung bewirkten Zahlungsaufschub zu einer erfolgreichen Fortsetzung solcher Versuche zu missbrauchen.