09.05.2003 Gesetzgebung

Ministerialentwurf des BMJ zur Änderung der RAO, das RATG, der DisziplinarO der RA und RAA, der EuRAG, der NO sowie des BWG


a.: geplante Änderungen der RAO:

Vor allem die neuen §§ 8a bis 8c verpflichten die Anwälte zu besonderen Sorgfalts- und Aufklärungspflichten, wenn sich bei der Konsultation durch einen Mandanten der Verdacht auf Geldwäscherei und/oder Terrorismusfinanzierung ergibt.

Zunächst werden bei Geschäften, deren Art es besonders nahe legt, dass sie der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung dienen, Sorgfaltspflichten normiert, wenn der Anwalt an der Planung und/oder Durchführung von Immobilien- und Unternehmenskäufen und -verkäufen, der Verwaltung von Geld- und anderen Vermögenswerten sowie diverser Konteneröffnungen, und zuletzt an der Gründung aller Art von Gesellschaften sowie der dazu erforderlichen Mittelbeschaffung und -verwaltung mitwirkt oder in Vertretung seiner Mandantschaft Finanz- und Immobilientransaktionen durchführt.

Für derartige Verdachtsfälle hat der RA in der Kanzlei ein geeignetes Kontroll- und Mitteilungs(!!!)system einzurichten.

Liegt einer der soeben genannten Fälle vor, so wird der RA weiters verpflichtet, die Identität seiner Mandanten festzustellen (besonders spannend dürfte das bei WEG Begründungen werden, an denen einige - zum Teil auch vertretene - Personen beteiligt sind).

Dies jedenfalls (gemeint ist wohl: zur Sicherheit auch sonst) bei Anknüpfung (???) eines längerfristigen Auftragsverhältnisses und bei Auftragssummen ab EUR 15.000 (also de facto bei fast jedem Immobilienvertrag). Hierbei sind getrennt beauftragte aber zusammenhängende Summen zu addieren - Bemessungsgrundlage sind die AHR. Jedenfalls aber, wenn der begründete Verdacht auf Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung besteht.

Wann der Anwalt in sonstigen Fällen Verdacht zu schöpfen hat und ab wann daher der Anwalt für die Nichtbeachtung dieser Normen haftbar zu machen ist, darüber schweigt sich der Entwurf aus. Was sich die Haftpflichtversicherungsanstalten dazu denken, wird sich (wenn dies Realität wird) wohl noch in den Prämiengestaltungen zeigen.

Hegt der RA Zweifel, ob er allenfalls von einem Mittelsmann beauftragt wird, so muss er geeignete Maßnahmen für die Identifizierung der dahinter stehenden Person treffen. Wird die Auskunft verweigert, ist das Bundeskriminalamt zu verständigen.

In weiterer Folgen wird sodann geregelt, welche Dokumente zur Identifizierung tauglich sind, wie lange sie vom RA aufzubewahren sind (tunlichst im Original, Kopien zB von Ausweisen sind aber auch zulässig, und mindestens 5 Jahre - siehe § 12 Abs. 4 und 5 neu) und bei welchen Klienten eine Identifikation unterbleiben kann (dies sind nur EU-RL konform akkreditierte Kredit und Finanzinstitute).

§ 8c (neu) verpflichtet den Anwalt bei begründetem Verdacht, eine sog. "Verdachtsmeldung" an das Bundeskriminalamt zu erstatten. Besonders interessant ist hier, dass diese Verpflichtung hinsichtlich solcher Tatsachen nicht besteht, über die er von oder über eine Partei im Rahmen der Rechtsberatung oder im Zusammenhang mit deren gerichtlicher Vertretung oder der Vertretung vor einer den Gerichten vorgeschalteten Behörde Kenntnis erlangt hat, es sei denn, dass die Partei die Rechtsberatung offenkundig zum Zweck der Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung in Anspruch genommen hat.

Dies ist ein legistischer Leckerbissen: zuerst wird der RA verpflichtet, seine generelle Verschwiegenheitspflicht zu brechen, dann wird hierzu eine Ausnahme getroffen, um dem Recht auf anwaltliche Vertretung zu genügen, die allerdings gleich im nächsten Halbsatz wieder ausgehöhlt wird. Übertroffen wird dies nur noch dadurch, dass der RA zwar die soeben beschriebene Verdachtsmeldung erstatten muss, seinen Mandanten selbst darüber jedoch nur dann informieren darf, wenn dies dazu dient, dass dieser dadurch von der verbotenen Handlung zur Geldwäsche (nicht auch in Fällen des Verdachts der Terrorismusfinanzierung) abgehalten wird. Da tröstet auch die ausdrückliche Bestimmung des Abs. 5 wenig, die besagt, dass gutgläubig erteilte Verdachtsmeldungen keinen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht bedeuten - das Aviso, dass dem RA daraus keine Nachteile entstehen, wird sich dann wohl erst nachträglich anhand der Judikatur zeigen.

Um sein Haftungsrisiko gering zu halten, kann der RA vom Bundeskriminalamt verlangen, binnen Tagesfrist zu entscheiden, ob gegen die Vornahme des Geschäfts Bedenken bestehen. Vor der Verdachtsmeldung darf er das Geschäft jedenfalls nicht abwickeln.

Das Bundeskriminalamt hat dann Staatsanwaltschaft und Polizei einzuschalten. Den Rechtssuchenden zum Spott hat die Anzeige - spät aber doch - den Hinweis zu enthalten, dass der Betroffenen wegen Verletzung seiner Rechte Beschwerde an den UVS erheben könne. Auf die Idee, dass damit Grundrechte verletzt werden können und daher eine Beschwerde an den VfGH möglich ist, soll man gar nicht erst kommen.

Gleichfalls kann das Bundeskriminalamt anordnen, dass das geplante (verdächtige) Geschäft nicht abgewickelt werden darf. Diese Anordnung ist aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft den Verdacht nicht erhärtet sieht, wenn das Gericht über die Anordnung einer EV entschieden hat, spätestens jedoch nach 6 Monaten. Fraglich bleibt auch hier, wie der RA dies seinem Mandanten mitteilen wird, den er ja über sein Vorgehen nicht informieren soll, abgesehen davon, dass dies das Vertrauensverhältnis zum Mandanten nicht gerade nachhaltig stärken wird.

Eine verstärkte Zuweisung dieser Aufgaben an und somit die Stärkung der weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften im Vergleich zu den unabhängigen Gerichten ist nur die Fortsetzung der Tendenz, erstere zu bevorzugen - begonnen wurde damit schon in der Regierungsvorlage zum StrafprozeßreformG.

RAA und Kanzleikräfte sind diesbezüglich besonders auszubilden und allfällig auf besondere Fortbildungsseminare zu schicken (ob eine Agentenausbildung beim CIA oder KGB von der Kammer akkreditiert werden wird, bleibt abzuwarten).

Ansonsten verstecken sich im Entwurf auch Bestimmungen über Veröffentlichungen auf der Homepage des RA-Kammertages sowie über Änderungen seines Wirkungsbereiches bzw. Erweiterungen seiner Aufgaben und schließlich eine Neuregelung seiner vertretungsbefugten Organe samt Bestimmungen über deren Aufgaben und Beschlussfassungskriterien. Die diesbezüglich geplanten Neuerungen sind zwar auch durchaus umfangreich, sollen aber hier nicht weiter besprochen und wurden alle auf Wunsch der Rechtsanwaltskammern aufgenommen.

b.: geplante Änderungen des RATG:

Künftig soll der doppelte Einheitssatz in Verfahren, in denen ein bedingter Zahlungsbefehl zu erlassen ist oder wenn eine Klagebeantwortung aufgetragen wird, auch für den Einspruch gegen einen solchen, die Klage und die KB verrechnet werden dürfen.

Bei einem Streitwert bis EUR 360,-- gebührt für die in TP 2 genannten Klagen der ES nach Abs. 3 - wird der ZB beeinsprucht, ist statt dessen der doppelte ES zu verrechnen.

TP 2 Abschnitt II Zif 1 lit a wird, da es ja keine ersten Tagsatzungen mehr gibt, aufgehoben.

c.: geplante Änderungen der NO:

Bis auf wenig hier nicht erwähnte Neuerungen, die vor allem Bezeichnungsänderungen betreffen, ist die geplante Änderung der NO inhaltsgleich mit der Änderung der RAO im Bezug auf die Sorgfalts- und Informationspflichten bei Geldwäsche und Terrorismusfinianzierung. Hier sei daher nur auf die Ausführungen zu Pkt. a. verwiesen.

d.: geplante Änderung des BWG:

Aufs erste möchte man hier eine logische Ergänzung zu den geplanten Änderungen der RAO und der NO erwarten: künftig soll auf Anderkonten von Rechtsanwälten und Notaren die Identität des Treugebers festzustellen sein. Zwar beschränkt sich diese Neuerung nicht auf Verdachtskonten auf Geldwäscherei und Terrorismusbekämpfung (!!!), jedoch soll es auch hier nur um Gelder gehen, die aus "geldwäschegeneigten" Geschäften stammen (wobei auch die EUR 15.000,-- Grenze gelten soll). Die Identität der Personen auf deren Namen das Geld erliegt, ist vom RA oder Notar festzustellen. Über Aufforderung des Kreditinstitutes sind die Informationen über die Identität diesem bekannt zu geben.

Die Begutachtungsfrist endet am 20.05.2003. Es bleibt der österreichischen Rechtsanwaltschaft, aber auch den Notaren zu wünschen, dass es hier noch durch Einwirken der Standesvertretungen zu massiven Änderungen kommt, da die hier vorgeschlagenen Änderungen das Image der Rechtsanwälte und Notare in der Bevölkerung nicht gerade fördern werden und für die betroffenen Berufsgruppen Einschnitte nach sich ziehen würden, die deren Sonderstellung (die ja von allen Gerichten sowohl in Fragen der erlaubten Zusammenschlüsse als auch gerade bei Haftungsfragen immer so stark betont wird) in den Grundfesten erschüttern würde.