15.11.2002 EU

EuGH: Der Inhaber einer Marke muss deren Benutzung durch einen Dritten verhindern können, wenn diese Benutzung die Herkunftsgarantie für die Ware beeinträchtigen kann


Mit Urteil vom 12. November 2002 (C-206/01 - Arsenal Football Club Plc/Matthew Reed) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der Inhaber einer Marke deren Benutzung durch einen Dritten verhindern können muss, wenn diese Benutzung die Herkunftsgarantie für die Ware beeinträchtigen kann. Der Umstand, dass diese Benutzung als Ausdruck der Unterstützung, der Treue oder der Zugehörigkeit gegenüber dem Markeninhaber aufgefasst werden kann, beeinträchtigt diesen Grundsatz nicht.

Zum Hintergrund: 1989 waren für den englischen Fußballverein "Arsenal Football Club" (Arsenal FC) die Worte "Arsenal" und "Arsenal Gunners" sowie ein Kanonen- und ein Wappenemblem für eine breite Warengruppe als Marken eingetragen worden. Der genannte Klub entwirft und vertreibt seine eigenen Waren, etwa Konfektionsartikel, Sportbekleidung und Schuhe bzw. lässt diese über das Netz seiner Vertragshändler herstellen. Diese Geschäftstätigkeit verschafft ihm bedeutende Einkünfte.

Matthew Reed verkauft seit 1970 an verschiedenen Verkaufsständen außerhalb des abgegrenzten Bereiches des Stadions des Arsenal FC Fußball-Souvenirs und -Fanartikel, auf welchen Zeichen abgebildet sind, die auf den Arsenal FC verweisen. Er weist seine Kunden mit einem Plakat, auf dem die Herkunft der Waren klar angegeben wird, darauf hin, dass es sich nicht um Originalwaren handelt.

Der Arsenal FC hatte Matthew Reed vorgeworfen, Waren unter Benutzung von Zeichen zu verkaufen, welche mit den eingetragenen identisch sind, und eine auf außervertragliche Haftung sowie eine auf Markenverletzung gestützte Klage eingebracht. Der High Court of Justice wies die auf außervertragliche Haftung gestützte Klage des Arsenal FC ab, weil dieser nicht hätte nachweisen können, dass es bei den Klubanhängern tatsächlich zu Verwechslungen zwischen den von Matthew Reed verkauften nicht offiziellen Waren und den vom Arsenal FC stammenden Waren gekommen wäre bzw. kommen würde.

Hinsichtlich der auf Markenverletzung gestützten Klage legte das nationale Gericht dem EuGH zwei Fragen bezüglich der Auslegung des Gemeinschaftsmarkenrechts zur Vorabentscheidung vor:

Die eine Frage bezog sich darauf, ob der Inhaber einer rechtsgültig eingetragenen Marke gegen die Benutzung seiner Marke durch einen Dritten im geschäftlichen Verkehr für Waren, die mit denjenigen identisch sind, für welche die Marke eingetragen ist, vorgehen kann, wenn die gerügte Benutzung keinerlei Angabe über die Herkunft der Waren enthält.

Des weiteren ging es um die Feststellung, wie es sich auf das Recht des Markeninhabers auswirkt, dass diese Benutzung vom Publikum als Ausdruck der Unterstützung, der Treue oder der Zugehörigkeit gegenüber dem Markeninhaber aufgefasst werden kann.

Der Europäische Gerichtshof verweist in seiner Begründung darauf, dass die Hauptfunktion der Marke darin besteht, dem Verbraucher die tatsächliche Herkunft einer Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von einer Ware oder Dienstleistung anderer Herkunft zu unterscheiden.

Der Marke kommt so eine wesentliche Rolle im Wettbewerbssystem zu. Sie muss Gewähr dafür bieten, dass einerseits alle Waren und Dienstleistungen, die sie kennzeichnet, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht worden sind und andererseits dieses einzige Unternehmen für die Qualität der Waren und Dienstleistungen verantwortlich gemacht werden kann. Diese Herkunftsgarantie kann laut Auffassung des EuGH nur sicher gestellt werden, wenn die Marke gegenüber den Konkurrenten geschützt wird, welche die Stellung und den guten Ruf der Marke ausnutzen wollen, indem sie Waren verkaufen, die keine Originalwaren sind.

Dieser Schutz ist jedoch auf Fälle beschränkt, wo die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke, insbesondere jene der Garantie der Herkunft der Ware, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte.

Hinsichtlich der von Matthew Reed verkauften Waren lässt sich eine Verwechslungsgefahr für die Anhänger hinsichtlich der Herkunft der Waren nicht ausschließen. Insbesondere bietet der Hinweis an den Verkaufsständen von Matthew Reed, wonach es sich bei der Ware nicht um Originalware handelt, keine Gewähr dafür, dass es nicht zu Verwechslungen kommt. Sobald nämlich die nicht offiziellen Waren den Verkaufsstand verlassen, wo der Hinweis angebracht ist, könnten bestimmte Verbraucher sie als Originalwaren des Arsenal FC auffassen.

Der Europäische Gerichtshof schließlich wörtlich: "Folglich kann der Markeninhaber dagegen vorgehen, dass ein Dritter im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen, das mit einer rechtsgültig eingetragenen Marke identisch ist, für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das betreffende Zeichen vom Publikum als Ausdruck der Unterstützung, der Treue oder der Zugehörigkeit gegenüber dem Markeninhaber aufgefasst wird."