11.07.2004 EU

EU-Kommission fordert Ö und acht weitere Mitgliedstaaten zur Reduzierung von Schadstoffen in der Luft auf


Die Europäische Kommission hat am 8. Juli 2004 Österreich, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Luxemburg, Portugal, Spanien und dem Vereinigten Königreich erste schriftliche Mahnungen übermittelt, mit denen die Aufforderung verbunden ist, mehr gegen die Luftverschmutzung in Ballungsgebieten zu tun.

Die Luftschadstoffe, um die es dabei geht, nämlich Stickstoffdioxid und Partikel, sind insbesondere für sensible Bevölkerungsgruppen wie etwa Kinder gesundheitsschädlich. Vor allem die Partikel verschlimmern Erkrankungen der Atemwege und können sogar die Lebenserwartung verringern.

Gemäß dem EU-Umweltrecht hätten die neun Mitgliedstaaten bis Ende Dezember 2003 Pläne zur Schadstoffreduzierung für die Gebiete mit hoher Stickstoffdioxid- und Partikelkonzentration erstellen müssen. In diesen Plänen haben die Mitgliedstaaten darzustellen, wie sie die Schadstoffbelastung zu reduzieren gedenken. Die Wahl der Maßnahmen bleibt dabei den Mitgliedstaaten freigestellt, so dass sie etwa Verkehrsbeschränkungen auferlegen und die Umsiedlung schadstoffintensiver Anlagen vorschreiben können.

Zum Hintergrund: 1996 verabschiedete die Europäische Union eine Rahmenrichtlinie über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität, der 1999 eine Einzelrichtlinie folgte, in der Grenzwerte für die Schadstoffe Stickstoffdioxid, Stickstoffoxide, Partikel (PM10), Schwefeldioxid und Blei festgelegt wurden. Diese Grenzwerte sind innerhalb bestimmter Fristen einzuhalten und dürfen danach nicht mehr überschritten werden. So wurde für PM10 das Jahr 2005 festgelegt, wogegen der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) erst ab 2010 Anwendung findet.

Bis zu diesen Terminen müssen die Mitgliedstaaten Anstrengungen unternehmen, die Ziele einzuhalten. Jedes Jahr haben sie der Europäischen Kommission eine Liste der Gebiete und Ballungsräume zu übermitteln, in denen die Grenzwerte für NO2 und PM10 überschritten wurden. Darüber hinaus müssen sie Pläne zur Schadstoffreduzierung vorlegen, mit denen die Schadstoffbelastung in diesen Gebieten verringert und die für die Grenzwerte festgesetzten Fristen eingehalten werden sollen. Erstmals waren diese Pläne bis zum 31. Dezember 2003 vorzulegen.

Stickstoffdioxid (NO2) entsteht in der Atmosphäre aus Stickstoffoxid (NO), das vor allem bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe, etwa im Straßenverkehr, freigesetzt wird. So steigen die NO- und NO2-Werte typischerweise in Städten und Ballungsräumen während der Hauptverkehrszeiten an. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge ist NO2 gesundheitsschädlich, weshalb eine lang andauernde Belastung mit diesem Schadstoff die Lungenfunktion beeinträchtigen und das Risiko respiratorischer Symptome erhöhen kann.

PM10 sind kleine Schwebeteilchen (mit einem Durchmesser von höchstens 10 Mikrometern). In Stadtgebieten entstehen die Partikel hauptsächlich durch die Verbrennung von Benzin und Diesel in den Motoren von Kraftfahrzeugen (Dieselruß). Hinzu kommen andere Verbrennungsanlagen, wie Kraftwerke, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, aber auch andere Industrieprozesse, bei denen unterschiedlichste Formen von "Staub" freigesetzt werden, sowie die Landwirtschaft.

Der WHO zufolge kann eine langfristige Belastung mit den derzeitigen PM-Konzentrationen in der Außenluft zu einer deutlichen Verringerung der Lebenserwartung führen. Dies ist vor allem auf die erhöhte Sterblichkeit aufgrund von kardiopulmonalen Erkrankungen und Lungenkrebs zurückzuführen.

In einer jüngst von der WHO in Auftrag gegebenen Studie zu umweltbedingten Krankheiten bei Kindern wurde festgestellt, dass bis zu 13.000 Todesfälle pro Jahr bei Kindern im Alter von 0-4 Jahren in den 52 europäischen Mitgliedstaaten der WHO auf die Partikelbelastung in der Außenluft zurückzuführen sind. Dabei wird angemerkt, dass bei einer Reduzierung der PM-Belastung in diesen Ländern auf die von der EU für 2005 festgesetzten Grenzwerte über 5.000 dieser Todesfälle hätten vermieden werden können.

Hohe PM-Konzentrationen der Luft führen auch zu Sichtbehinderungen und zu Schmutzschichten auf Gebäuden und Denkmälern.

Hinsichtlich der Lage in Österreich ist anzumerken, dass im Jahresbericht 2001 für Graz PM10-Konzentrationen festgestellt wurden, die über dem Grenzwert zuzüglich der Toleranzmarge lagen. Der EU-Kommission wurde bislang kein Plan bzw. Programm zur Schadstoffreduzierung mitgeteilt.