06.06.2004 EU

EU-Kommission gibt Startschuss für ein weltweit führendes Netz in der Prionenforschung


Am 28. Mai 2004 hat Philippe Busquin, das für Forschung zuständige Kommissionsmitglied, in Paris den Startschuss für ein weltweit führendes Netz zur Erforschung von Prionenkrankheiten gegeben.

Mit 52 Laboratorien in 20 Ländern vereint dieses Netz 90% der europäischen Forscherteams, die an BSE (Bovine spongiforme Encephalopathie), Scrapie (Prionenkrankheit bei Schafen) und anderen Arten von Prionenkrankheiten arbeiten. Aus dem Forschungsbudget der Europäischen Union werden EUR 14,4 Mio., verteilt auf 5 Jahre, für dieses Netz bereit gestellt. Darüber hinaus wird beim CEA (Commissariat à l'Energie Atomique), einer großen multidisziplinären Forschungseinrichtung in Frankreich, die das Exzellenznetz "NeuroPrion" koordiniert, eine neue Stelle für die Prionenforschung eingerichtet.

Transmissible spongiforme Enzephalopathie (TSE) ist der Oberbegriff für eine Reihe von Krankheiten, die auf eine abnorme Faltung des Prionenproteins zurückgeführt werden. Zu den TSE gehören die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE, bekannt als Rinderwahn), eine Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD, dem Pendant des Rinderwahns beim Menschen), Scrapie bei Schafen und weitere Formen, wie das Chronic Wasting Disease bei Wild und Elchen. BSE wurde erstmals 1986 festgestellt.

Die genaue Funktion normaler Prionenproteine ist nicht bekannt. Bei einer Erkrankung reichert sich das abnorm geformte Protein im Hirn an und führt zu Demenz. Einige Tierarten können unterschiedliche Gene tragen, die für leicht abweichende Formen des Prionenproteins codieren, von denen einige stärker dazu neigen, Krankheiten zu entwickeln. Dies kann spontan erfolgen, oder, wie bei BSE, infolge der Aufnahme eines modifizierten Proteins über ein infiziertes Tier.

Um besser verstehen zu können, wie es zu den Modifikationen der Prionen kommt, wie sie in den Tieren entstehen, wie sie auf den Menschen übertragen werden können und wie sie sich auf die menschliche Gesundheit, insbesondere auf das Gehirn und die Nervenzellen auswirken, wird das europäischen NeuroPrion-Netz Wissenschaftler aus 52 führenden Forschergruppen zusammenführen, die über 90% der Prionenforschung in Europa vereinen. Ziel ist der Aufbau einer Forschungsinfrastruktur, die während des fünfjährigen Förderzeitraums der EU und darüber hinaus private Investitionen anlockt. Die Gruppe hat Bereiche genannt, in denen neuartige und angewandte Forschungsvorhaben benötigt werden und solche, in denen eine bessere Koordinierung der Forschungsarbeiten von Vorteil ist.

Der dringlichste Forschungsbedarf besteht in der frühzeitigen Diagnose der Prionenkrankheiten. Das NeuroPrion-Netz wird Nachweisverfahren entwickeln, die eine Analyse leicht zugänglicher Körperflüssigkeiten zu einem frühen Zeitpunkt der Inkubationszeit ermöglichen. Diese Tests können sowohl für ein Screening von Menschen als auch von Tieren eingesetzt werden. Eine frühzeitige Diagnose erhöht beim Menschen die Erfolgsaussichten therapeutischer Maßnahmen und bei den Tieren die Lebensmittelsicherheit.

Sowohl die Überwachung als auch die Risikobewertung der Prionenkrankheiten erfordern eine internationale Koordinierung: Das NeuroPrion-Netz umfasst sämtliche nationalen vCJD-Überwachungsstellen und wird diese mit der Tierüberwachung vernetzen. Die Institute werden gemeinsame Ausbildungsmaßnahmen durchführen, Personal austauschen und Zugang zu speziell entwickelten Webseiten haben. Auch werden Gewebe- und Flüssigkeitsbanken gemeinsam genutzt und Standardverfahren vereinbart. Transgene Mausstämme unterschiedlicher Institute werden den Partnern zur Verfügung gestellt. Sie sind ein unabdingbares Instrument, da sie gentechnisch so verändert werden können, dass sie Prionengene von anderen Arten tragen und so dafür eingesetzt werden könne, die Krankheit über eine sehr viel kürzere Zeitspanne zu modellieren.

Das Netz wird sich auf einem jährlich stattfindenden internationalen Kongress zur Prionenforschung mit weiteren Wissenschaftskreisen und der Öffentlichkeit austauschen. Diese Kongresse werden jährlich in wechselnden europäischen Hauptstädten stattfinden. Der erste Kongress "Prion 2004" hat bereits vom 24. bis 27. Mai 2004 beim Pasteur Institut in Paris statt gefunden.