EU-Kommission begrüßt endgültige Annahme der Richtlinie über die Märkte für Finanzinstrumente durch den Rat
Die Europäische Kommission hat am 27. April 2004 die endgültige Annahme der Richtlinie über die Märkte für Finanzinstrumente (die so genannte "Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie") durch den Rat begrüßt. Der Richtlinie zufolge werden die Wertpapierhäuser einen "europäischen Pass" erhalten, der es ihnen gestatten wird, in der gesamten EU auf der Grundlage ihrer Zulassung im Herkunftsland tätig zu sein.
So werden Wertpapierhäuser Kundenaufträge außerhalb der geregelten Börsen abwickeln können, was derzeit in einigen Mitgliedstaaten nicht möglich ist. Außerdem soll die Richtlinie gewährleisten, dass Anleger bei der Inanspruchnahme von Wertpapierhäusern ein hohes Maß an Schutz genießen, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat dieses Wertpapierhaus seinen Sitz hat.
Mit der Richtlinie wird erstmals der Versuch unternommen, einen umfassenden rechtlichen Rahmen für die geordnete Ausführung von Anlegeraufträgen durch Börsen, andere Handelssysteme und Wertpapierhäuser zu schaffen. Die Richtlinie ist ein wichtiger Teil des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen.
Die Europäische Kommission schlug die Richtlinie erstmals im November 2002 vor, sie wurde sodann vom Europäischen Parlament in September 2003 geändert, der Folgetext im Rat weiter abgeändert. Im Rahmen der Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission im Vorfeld der zweiten Lesung durch das Parlament wurde sicher gestellt, dass das Parlament in der damaligen Phase einen Kompromisstext annehmen konnte, der auch für den Rat akzeptabel war. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie nun innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in innerstaatliches Recht umsetzen.
Gemäß der Richtlinie werden Wertpapierhäuser, Banken und Börsen ihre Dienstleistungen auf der Grundlage ihrer vom Herkunftsmitgliedstaat erteilten Zulassung europaweit erbringen können. Die einzelstaatlichen Vorschriften über die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und die Börsentätigkeit werden dadurch stärker harmonisiert, wobei das Ziel darin besteht, ein "Buch mit Wertpapierregeln" für den Binnenmarkt zu schaffen. Dieses soll den Anlegern, Emittenten und Marktteilnehmern durch die Förderung effizienter und wettbewerbsfähiger Märkte zugute kommen, insbesondere dadurch, dass Banken und andere Wertpapiereinrichtungen in einen fairen Wettbewerb mit den Börsen treten können.
Auch soll die Richtlinie den Anlegerschutz erheblich verstärken, etwa durch die Festlegung von Mindestaufgaben und -befugnissen der zuständigen Behörden und die Einführung greifender Mechanismen für die Echtzeit-Zusammenarbeit bei der Ermittlung und Verfolgung von Richtlinienverstößen.
Der endgültig verabschiedete Wortlaut behält den "Grundsatz der vorgeschäftlichen Transparenzverpflichtung" bei, nach dem die "internen Abwickler" (d. h. Wertpapierhäuser, die außerhalb der geregelten Märkte tätig sind) verpflichtet wären, die Kurse, zu denen sie ein Wertpapier ihrer Kunden erwerben bzw. veräußern wollen, auf dem Markt offen zu legen. Die Offenlegungspflicht wird jedoch auf Transaktionen bis zur "Standardmarktgröße" beschränkt, die als "durchschnittliche Größe" der auf dem Markt ausgeführten Aufträge definiert wird. Hierdurch wird sicher gestellt, dass die europäischen Großkundenmärkte der Vorschrift nicht unterliegen und dass Broker, die sowohl auf Kunden- als auch auf eigene Rechnung tätig sind ("Broker-Dealer") im Großkundenmarkt in ihrer Rolle als Marktmacher keinen wesentlichen Risiken ausgesetzt sind.
Die Richtlinie umfasst auch eine Reihe von Schutzmaßnahmen für "interne Abwickler", wenn diese zur Bekanntgabe des Geld- und Briefkurses verpflichtet sind, so dass sie ihren Kunden diese Dienstleistung erbringen können, ohne unerwünschte Risiken einzugehen. Diese Maßnahmen umfassen die Möglichkeit, ihre Geld-/Briefofferte zu aktualisieren und zurückzuziehen. Zudem wird ein angemessener Markt für Kleinanleger geschaffen und die Finanzinstitute werden daran gehindert, Unterschiede zwischen Kleinanlegern zu machen, etwa indem sie einigen von ihnen nicht offen gelegte Erhöhungen der öffentlich notierten Kurse anbieten (sog. "Kurserhöhung").
Entsprechend der im Februar 2002 mit dem Europäischen Parlament erzielten Einigung über eine bessere Regulierung der EU-Wertpapiermärkte sieht der Vorschlag den Erlass einer Rahmenrichtlinie vor. Damit beschränkt er sich auf die Festlegung von Rahmenverpflichtungen, die von den mitgliedstaatlichen Behörden durchzusetzen sind. Detailliertere Durchführungsmaßnahmen sollen von der EU-Kommission nach Konsultation von Marktteilnehmern und Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Ratschläge des "Ausschusses der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden" (CESR) festgelegt werden.