07.10.2009 Wirtschaftsrecht

VwGH: BVergG 2006 - fachliche Eignung als Zuschlagskriterium unzulässig?

Die Eignungskriterien dienen der Prüfung bzw der Auswahl der Bieter selbst und betreffen daher nicht deren Angebot, sondern die Bieter (bzw deren Unternehmen); die Zuschlagskriterien dienen dagegen der Bewertung der Angebote und müssen daher mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen ; es kann durchaus Kriterien geben, die zunächst auf das Unternehmen der Bieter (wie etwa die Qualifikation der Mitarbeiter bzw eines konkreten Mitarbeiters dieses Unternehmens) abstellen, dennoch aber zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes dienen können, indem sie die unterschiedliche Qualität der zu erbringenden Dienstleistungen überhaupt nachprüfbar machen


Schlagworte: Bundesvergaberecht, Zuschlagskriterium, Eignungskriterium, fachliche Eignung
Gesetze:

§ 2 BVergG 2006

GZ 2009/04/0024, 26.06.2009

In der Ausschreibung wurde festgelegt, dass die Bewertung der Angebote nach dem Bestbieterprinzip erfolgt. In den allgemeinen Ausschreibungsbedingungen (AAB) wurden im Rahmen der "Qualität der gebotenen Leistung" mehrere Zuschlagskriterien festgelegt, darunter das im Verfahren vor dem VwGH strittige Zuschlagskriterium I.3.7 ("Kenntnisse, Ausbildung und Qualifikation des Objektauditors"). Dieses Zuschlagskriterium lautet wie folgt:"Bedeutung: Die Leistungserfüllung des gewerblichen Reinigungspersonals und des Objektleiters ist während der Vertragslaufzeit regelmäßig durch einen internen Objektauditor des zukünftigen Auftragnehmers vor Ort zu überprüfen und das Ergebnis ist zu protokollieren (siehe Punkt 6.6.1. Pflichtenheft). Der dem ausführenden Personal 'vorgesetzte' Objektauditor ist für die interne Gesamtüberprüfung der Leistungserfüllung verantwortlich; für den Auftraggeber ist es daher ein wichtiger Zusatznutzen, wenn das Objektaudit vor Ort durch einen Mitarbeiter aus der Geschäftsführungsebene ausgeführt wird, der über eine entsprechende Ausbildung und Kenntnisse verfügt.

Bewertungsgrundlage: Hier ist in einem eigenen Excel-Sheet (neben dem Angebotsblatt) die Ausbildung des jeweiligen, zuständigen Objektauditors anzuführen. Es ist für jedes angebotene Los ein Objektauditor namentlich zu nennen und die Qualifikation für diesen nachzuweisen, da die Bewertung und Punktezuteilung je Los gesondert erfolgt. Pro Los kann nur ein Objektauditor genannt werden, widrigenfalls das Angebot in diesem Los nicht bewertet werden kann, ein Objektauditor kann jedoch mehrere Lose betreuen.

Nachweise: z.B. Zeugnisse, Ausbildungsnachweise, Kursbestätigungen Bewertungsmethode: Die vorgegebenen 'Ausbildungspunkte' errechnen sich entsprechend der vom Bieter auszufüllenden Liste.

Es werden maximal 25 Ausbildungspunkte vergeben. Die Angebote mit den 'maximalen Ausbildungspunkten' erhalten die in der Bewertungstabelle angegebenen maximalen 5 Bewertungspunkte. Die übrigen Angebote erhalten um so viele Punkte weniger, als sie in Prozent von den 'maximalen Ausbildungspunkte' (Bewertungsband: 0 bis 25 Ausbildungspunkte) abweichen. Im Zuge der Angebotprüfung und Bewertung kann im Falle der falschen Zuordnung von Dokumenten zu den einzelnen Ausbildungspunkten durch den Bieter diese Zuordnung von der Vergabekommission entsprechend korrigiert werden."

In ihrem Nachprüfungsantrag führt die mitbeteiligte Partei aus, sie wolle sich am Vergabeverfahren beteiligen, die von ihr angefochtene Ausschreibung sei jedoch rechtswidrig. Dabei verweist sie auf das Zuschlagskriterium in Punkt 1.3.7. der AAB, bei dem es sich ihrer Meinung nach in Wahrheit um ein Eignungskriterium handle.

VwGH: Es kann durchaus Kriterien geben, die zunächst auf das Unternehmen der Bieter (wie im vorliegenden Fall etwa die Qualifikation der Mitarbeiter bzw eines konkreten Mitarbeiters dieses Unternehmens) abstellen, dennoch aber zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes dienen können, indem sie die unterschiedliche Qualität der zu erbringenden Dienstleistungen überhaupt nachprüfbar machen. Auch der EuGH geht im Urteil "Lianakis" (C-532/06, 24.01.2008) nicht davon aus, dass alle Kriterien, die mit der fachlichen Eignung der Bieter zusammenhängen, in jedem Fall als Zuschlagskriterien unzulässig sind. Zumindest sprechen dafür nach Auffassung des VwGH die Aussagen des EuGH in der Randnr 30, wo der EuGH als Zuschlagskriterien nur Kriterien ausschließt, die "im Wesentlichen" ("essentiellment") - also nicht in jedem Fall - mit der Beurteilung der fachlichen Eignung zusammenhängen und in der Randnr 31, wo der EuGH darauf hinweist, dass die Kriterien "in erster Linie" ("principalement") auf die Erfahrung, die Qualifikationen und die (geeigneten) Mittel abstellen. Dem entspricht auch die Aussage des EuGH im Urteil "GAT" (C-315/01, 19.06.2003), Randnr 66. Dort spricht der EuGH davon, dass "Eine bloße Liste von Referenzen, ... die nur den Namen und die Zahl der früheren Kunden der Bieter anführt, aber keine anderen Angaben zu den diesen Kunden erbrachten Leistungen enthält" keinen Hinweis für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes liefert und daher "keinesfalls" ein Zuschlagskriterium darstellt. Nicht ausgeschlossen ist damit, dass eine andere Liste von Referenzen, die es ermöglichen würde, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln, doch als Zuschlagskriterium zulässig ist. Im Urteil "Evans Medical" hat der EuGH (zur Richtlinie 77/62/EWG) sogar festgehalten, dass "die Sicherheit der Versorgung" und zwar konkret die "Fähigkeit der Bieterunternehmen ..., die Versorgung des betreffenden Mitgliedstaates zuverlässig und dauerhaft sicherzustellen" als Kriterium zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes dienen kann (Randnrn 42 bis 44 und 50). Letztlich spricht gegen eine derartige Unzulässigkeit die von Pachner, "Schafft die Entscheidung Lianakis des EuGH Probleme für die Vergabe geistiger Leistungen?", ZVB 2008/10, 285ff, angesprochene Überlegung, dass gerade die persönliche Qualifikation des Schlüsselpersonals bei Dienstleistungen eines der wenigen wirklich tauglichen Bestbieterkriterien neben dem Angebotspreis darstellt und gerade für die Vergabepraxis von großer Wichtigkeit ist.