VwGH: UVP-G 2000 - stellen Fahrbewegungen zum Zwecke des Transports auf Straßen mit öffentlichem Verkehr dem Vorhaben in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Maßnahmen dar?
Der Fahrzeugverkehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr stellt grundsätzlich kein dem Vorhaben zuzurechnendes Geschehen dar
§ 2 UVP-G 2000
GZ 2005/04/0269, 01.07.2009
Zu prüfen ist, ob bei einem Vorhaben wie dem gegenständlichen (Entnahme von Festgestein im Tagbau iS der Z 26 lit c des Anhanges 1 des UVP-G 2000) der Abtransport des Gesteins, soweit er auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erfolgt, noch zum Vorhaben iSd § 2 Abs 2 UVP-G 2000 (dieses ist Gegenstand des Feststellungsbescheides gem § 3 Abs 7 leg cit) zählt. Wäre dies nicht der Fall, so könnte die Veränderung der Zahl der Transportbewegungen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr von vornherein keine für die Beurteilung der UVP-Pflicht rechtlich relevante Änderung des mit Bescheid vom 26. Jänner 2004 beurteilten Vorhabens darstellen.
VwGH: Gem § 2 Abs 2 erster Satz UVP-G 2000 fällt unter den Begriff des Vorhabens die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Durch diese Bestimmung ist nach den Erläuterungen klargestellt, dass sich die UVP nicht auf die jeweilige technische Anlage beschränkt, sondern (neben Eingriffen in die Natur und Landschaft) auch alle in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden Maßnahmen umfasst.
Fallbezogen ist daher zu prüfen, ob Fahrbewegungen zum Zwecke des Transports auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (die zweifellos weder unter den Begriff "Anlage" noch "Eingriff in Natur und Landschaft" iSd § 2 Abs 2 erster Satz UVP-G 2000 bzw des Art 1 Abs 2 der nachfolgend zitierten Richtlinie fallen) mit dem gegenständlichen Gesteinsabbau in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Maßnahmen darstellen.
Eine Auslegung der Wortfolge "in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Maßnahmen" anhand der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (hier: in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003) ist aus nachstehenden Gründen nicht zielführend. Die genannte Richtlinie definiert zwar in Art 1 Abs 2 den Begriff "Projekt" (den der österreichische Gesetzgeber im UVP-G 2000 durch den Begriff "Vorhaben" ersetzt hat), ohne aber auf die genannte Wortfolge Bezug zu nehmen. Während sich die Legaldefinition des § 2 Abs 2 erster Satz UVP-G 2000 in ihren ersten beiden Tatbeständen ("Anlage" und "Eingriff ...") eng an der Begriffsumschreibung des Art 1 Abs 2 der genannten Richtlinie orientiert, sodass für diese Tatbestände das gemeinschaftsrechtliche Verständnis maßgebend ist, leitet sich der dritte Tatbestand des § 2 Abs 2 erster Satz UVP-G 2000 ("Maßnahmen in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang") nicht aus dem Gemeinschaftsrecht ab und ist iSd österreichischen Anlagenrechts bzw der Judikatur zum gewerblichen Betriebsanlagenrecht zu verstehen. Nach dieser Judikatur stellt aber der Fahrzeugverkehr auf Straßen mit öffentlichem Verkehr grundsätzlich kein der Betriebsanlage zuzurechnendes Geschehen dar.
Im vorliegenden Beschwerdefall stellt daher der Umstand, dass sich die Anzahl der Fahrbewegungen - auf Straßen mit öffentlichem Verkehr - zum Zwecke des Abtransports des Gesteins gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben erhöht, keine für die Beurteilung der UVP-Pflicht rechtlich relevante Änderung des ursprünglichen Vorhabens dar.