VwGH: Entziehung der Gewerbeberechtigung gem § 87 Abs 1 Z 1 GewO
Bei Beurteilung des aus der Straftat ersichtlichen Persönlichkeitsbildes ist auch auf das Ausmaß Bedacht zu nehmen, in dem die verhängte Strafe die im § 13 Abs 1 Z 2 leg cit genannte Grenze übersteigt, wobei die Behörde die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht selbständig zu beurteilen hat, ohne dabei an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht oder den Strafaufschub gebunden zu sein
§ 87 GewO, § 13 GewO, § 91 Abs 2 GewO
GZ 2008/04/0055, 26.06.2008
Der Beschwerdeführerin wurde die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Sicherheitsgewerbe, eingeschränkt auf Bewachungsgewerbe" gem § 87 Abs 1 Z 1 GewO entzogen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Franz L, dem als alleinigen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Bf zweifellos ein maßgeblicher Einfluss auf die Geschäfte der Gesellschaft zukomme, sei mit Urteil des LG Klagenfurt vom 20. Mai 2005 wegen (des Vergehens des Vorenthaltens von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach dem) § 153c Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten, bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden. Er habe als Geschäftsführer einer GmbH in der Zeit von Mai 2004 bis Jänner 2005 Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung iHv EUR 14.087,12 einbehalten, jedoch nicht abgeführt. Diese Verurteilung sei noch nicht getilgt. Die erstinstanzliche Behörde habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 aufgefordert, L aus der Gesellschaft binnen drei Monaten zu entfernen; dieser Aufforderung sei nicht Folge geleistet worden.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht das Vorliegen des in der Verurteilung ihres Geschäftsführers durch das LG bestehenden Ausschlussgrundes gem § 13 Abs 1 GewO. In der Beschwerde wird aber das Vorliegen des weiteren Tatbestandselementes des § 87 Abs 1 Z 1 GewO, nämlich die in der Eigenart der strafbaren Handlung und der Persönlichkeit des Verurteilten begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes, bekämpft.
VwGH: Gem § 91 Abs 2 GewO hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekannt zu geben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde im Falle, dass der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen.
Nach § 87 Abs 1 Z 1 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe des § 13 Abs 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung der Gewerbes zu befürchten ist.
Gem § 13 Abs 1 GewO ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des TilgungsG in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt.
Bei der Prüfung der Frage dieses im letzten Halbsatz des § 87 Abs 1 Z 1 leg cit genannten Tatbestandsmerkmales ist zufolge der damit im Zusammenhang getroffenen gesetzlichen Anordnung, sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen, auf den Umfang der erfolgten gerichtlichen Verurteilung abzustellen. Bei Beurteilung des aus der Straftat ersichtlichen Persönlichkeitsbildes ist auch auf das Ausmaß Bedacht zu nehmen, in dem die verhängte Strafe die im § 13 Abs 1 Z 2 leg cit genannte Grenze übersteigt, wobei die Behörde die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht selbständig zu beurteilen hat, ohne dabei an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht oder den Strafaufschub gebunden zu sein.
Vor diesem Hintergrund stößt die Wertung der belangten Behörde, aus dem in der iZm der Gewerbeausübung stehenden Straftat zum Ausdruck kommenden Persönlichkeitsbild des Geschäftsführers lasse sich die Befürchtung ableiten, er würde bei Ausübung des Gewerbes die gleiche oder ähnliche Straftat begehen, auf keine Bedenken und könnte auch durch die Aufnahme weiterer Beweise wie die Befragung des Beschwerdeführers nicht entkräftet werden. Was die Eigenart des nach § 87 Abs 1 Z 1 GewO tatbestandsmäßigen strafbaren Verhaltens der festgestellten strafbaren Handlung betrifft, so ist es ebenfalls nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde sich diesbezüglich darauf stützte, die Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes biete Gelegenheit für ein ähnliches deliktisches Verhalten. Schließlich kann auch weder der bis zur gegenständlichen Verurteilung vorliegenden Unbescholtenheit noch auch dem während des relativ kurzen Zeitraumes von knapp drei Jahren seit der Verurteilung ins Treffen geführten Wohlverhalten des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen jenes Gewicht beigemessen werden, das die in Rede stehende Befürchtung rechtswidrig erscheinen ließe.