09.03.2011 Verwaltungsstrafrecht

VwGH: Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem § 51e Abs 4 VStG

§ 51e Abs 4 VStG wonach der UVS ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen kann, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, gilt lediglich in den Fällen, in denen ein UVS im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens selbst einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, nicht jedoch bei Berufungen gegen verfahrensrechtliche Bescheide


Schlagworte: Öffentliche mündliche Verhandlung, Antrag, Absehen von der Durchführung, verfahrensrechtlicher Bescheid
Gesetze:

§ 51e Abs 4 VStG

GZ 2010/09/0215, 27.01.2011

Die Beschwerde bringt vor, dass der Bf in den Berufungen auch für das Verfahren über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt habe. Diese sei von der belangten Behörde für den 25. Februar 2010 anberaumt, dann jedoch wieder abberaumt und in der Folge nicht mehr durchgeführt worden. Dies sei ein Verstoß gegen sein Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem § 51e VStG. Die belangte Behörde habe das Recht des Bf auf rechtliches Gehör verletzt. Die mündliche Verhandlung hätte der detaillierten Klärung der Voraussetzungen sowohl für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als auch für die Bestrafung gedient. Mit der Verweigerung der mündlichen Verhandlung habe die belangte Behörde dem Bf die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit genommen, seine Verteidigung vorzutragen, zu präzisieren und Beweismittel vorzulegen.

VwGH: Der Bf hat in seiner Berufung gegen die Abweisungen der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die von der Behörde erster Instanz getroffenen Sachverhaltsfeststellungen und die Annahme einer ihm zuzurechnenden Fahrlässigkeit bestritten und gem § 51e Abs 3 Z 4 VStG die Durchführung einer Verhandlung beantragt.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Tatsachenbestreitung in der Folge auch zum Erfolg geführt hätte. Der Bf hätte bei Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, auf deren Durchführung er gem § 51e VStG ein Recht hatte, die Ladung von Zeugen beantragen und gem § 51g Abs 2 und 4 VStG an jede von der Berufungsbehörde vernommene Person Fragen stellen und sich zu allen Beweismitteln äußern können. Auch hätte die belangte Behörde gem § 51i VStG nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung bei Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht nehmen dürfen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Sie hätte auf Aktenstücke nur insoweit Rücksicht nehmen dürfen, als sie bei der Verhandlung zulässigerweise verlesen worden wären.

§ 51e Abs 4 VStG wonach der UVS ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen kann, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, gilt nach der hg Rsp lediglich in den Fällen, in denen ein UVS im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens selbst einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, nicht jedoch bei Berufungen gegen verfahrensrechtliche Bescheide.

Die belangte Behörde hat somit entgegen § 51e VStG die Durchführung der nach Lage des Beschwerdefalles erforderlichen öffentlichen mündlichen Verhandlung unterlassen, bei deren Durchführung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Diese - im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK - wesentliche Verfahrensmangel führt bereits gem § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG zur Aufhebung des Bescheides.