VwGH: Tatanlastung nach § 44a Z 1 VStG und Verfolgungsverjährung iSd § 31 Abs 1 VStG
Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes sein; Gleiches gilt hinsichtlich der Frage, ob eine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG vorliegt oder nicht; das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren
§ 44a Z 1 VStG, § 31 VStG, § 32 VStG
GZ 2008/07/0209, 26.01.2011
VwGH: Insoweit die belangte Behörde der Ansicht ist, es liege eine unzureichende und somit rechtswidrige Tatanlastung vor, weil die Tat im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nur mangelhaft angelastet worden sei und dies zwischenzeitlich zu einer Verfolgungsverjährung iSd § 31 Abs 1 VStG geführt habe, so trifft dies nicht zu.
Nach § 45 Abs 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. Das ist gem § 31 Abs 1 VStG dann der Fall, wenn gegen eine Person binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3 VStG) vorgenommen worden ist. Eine derartige Verfolgungshandlung muss eine bestimmte Verwaltungsübertretung zum Gegenstand haben; das erfordert, dass sie sich auf alle der späteren Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente beziehen muss.
Gem § 44a Z 1 VStG hat der Spruch des Strafbescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach stRsp des VwGH ist der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG - unter Rechtsschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein.
Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG vorliegt oder nicht. Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.
Die belangte Behörde ist fallbezogen zu dem Ergebnis gekommen, dass die - ihrer Meinung nach - unzureichende Umschreibung der Tat zum Eintritt der Verfolgungsverjährung geführt hat. Nach Auffassung des VwGH besteht allerdings im vorliegenden Fall kein Zweifel, dass die in der jeweiligen Aufforderung zur Rechtfertigung sowie in dem jeweiligen erstinstanzlichen Straferkenntnis dem Mitbeteiligten zur Last gelegte Tat so ausreichend konkret umschrieben ist, dass er in die Lage versetzt war, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, und dass er davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden.