VwGH: Artenhandelsrecht - "Einführen" bei Bestellung des artgeschützten Bestandteils der Ware (hier: Krokodilledergürtel) oder nur bei tatsächlichem Verbringen in das Inland?
Der Begriff des Einführens iSd § 9 Abs 1 Z 1 ArtHG aF ist dahin auszulegen, dass er nicht nur das tatsächliche Verbringen in das Inland erfasst, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, damit es zu dieser Einfuhr kommt, somit auch eine Bestellung
§ 9 Abs 1 Z 1 ArtHG aF
GZ 2008/07/0215, 16.07.2010
Der Bf wurde schuldig erkannt, er habe "im September 2007 von einem in W gelegenen Internetcafe via e-bay aus den USA 1 Gürtel aus Krokodilleder bestellt, ohne eine entsprechende CITES-Bescheinigung bzw Einfuhrgenehmigung eingeholt zu haben, obwohl es sich beim Inhalt um eine geschützte Art handelt. Auf Grund dieser Bestellung ist die Ware im Postverkehr nach Österreich gelangt, am 19.11.2007 in W, ... vom Zollamt W, Zollstelle W/Post, wahrgenommen und von diesem am 16.1.2008 beschlagnahmt worden."
Der Bf macht eine "unrichtige rechtliche Qualifizierung der Tat im Tatvorwurf" geltend und bringt dazu vor, die für die Tatbildverwirklichung des § 9 Abs 1 Z 1 ArtHG aF maßgebliche Tathandlung eines Täters werde grundsätzlich durch die höchstpersönliche Einfuhr einer Art verwirklicht. Eine Einfuhr sei nicht erfolgt, weil die an den Bf gerichtete Sendung im Zuge der Verzollung vom Zollamt Wien beschlagnahmt worden sei und den Zollgewahrsam nie verlassen habe. Da es somit beim Versuch geblieben sei, sei die dem Bf vorgeworfene fahrlässige Begehung gem § 8 Abs 1 VStG nicht strafbar.
VwGH: Der Bf vertritt die Auffassung, das mit Strafe bedrohte "Einführen" iSd § 9 Abs 1 Z 1 ArtHG aF stelle einen "höchstpersönlichen Vorgang" dar; er meint damit offenbar, nur derjenige verwirkliche den Tatbestand des Einführens, der ein Exemplar einer dem Geltungsbereich des Art 3 der Verordnung (EG) Nr 338/97 unterliegenden Art persönlich in das Inland verbringe.
Wie der VwGH wiederholt zum Begriff des "Ausführens" eines bewilligungspflichtigen Vorhabens nach dem Tiroler Naturschutzgesetz ausgesprochen hat, erfasst dieser Begriff nicht nur die konkrete Ausführung der Arbeiten, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, um das Vorhaben zu realisieren, darunter auch die Erteilung des Auftrages zur Wegerstellung.
Der Begriff des "Ausführens" im Tiroler Naturschutzgesetz hat zwar nichts mit grenzüberschreitenden Vorgängen zu tun; der Grundgedanke der Judikatur, dass ein Begriff wie "Ausführung" nicht nur die Ausführung im engeren Sinn erfasst, sondern ua auch die Erteilung eines Auftrages, gilt auch für den Terminus "Einführen" im § 9 Abs 1 Z 1 ArtHG aF.
Durch die Verordnung und das ArtHG soll verhindert werden, dass Exemplare, die nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen geschützt sind, entgegen den Bestimmungen dieses Übereinkommens eingeführt werden. Zur Erreichung dieses Zieles, dem auch die Sanktionen dienen, ist es erforderlich, gerade auch denjenigen mit Sanktionen zu bedrohen, der den Anstoß für eine unzulässige Einfuhr gibt. Der Begriff des Einführens ist daher dahin auszulegen, dass er nicht nur das tatsächliche Verbringen in das Inland erfasst, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, damit es zu dieser Einfuhr kommt, somit auch eine Bestellung.
Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, der Besteller eines Exemplars könne über § 7 VStG zur Verantwortung gezogen werden. Dies setzte nämlich voraus, dass der unmittelbare Täter bekannt ist, weil er im Spruch eines auf § 7 VStG gestützten Straferkenntnisses genannt werden muss. Der unmittelbare Täter wird aber in Fällen einer grenzüberschreitenden Bestellung häufig nicht feststellbar sein, sodass dann auch eine Bestrafung des Bestellers nicht möglich wäre. Eine Sanktionsnorm aber, die es nicht erlaubt, denjenigen zur Verantwortung zu ziehen, der den Anstoß zur verbotenen Einfuhr gegeben hat, kann nicht als eine "geeignete" Maßnahme iSd Art 16 der Verordnung (EG) Nr 338/97 angesehen werden.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass die Auffassung des Bf, der Begriff des "Einführens" im § 9 Abs 1 Z 1 ArtHG aF sei ein höchstpersönlicher Vorgang, der nur das tatsächliche Verbringen in das Inland erfasse, dazu führen würde, dass im Falle der Verbringung durch ein Transportunternehmen nur dessen Mitarbeiter, die von der Unzulässigkeit der Verbringung in der Regel gar keine Kenntnis haben werden, den Tatbestand des Einführens verwirklichen würden, ein Ergebnis, das vom Gesetzgeber unmöglich gewollt sein kann.
Unzutreffend ist auch die Auffassung des Bf, es liege lediglich der Versuch des Einführens vor, weil die an ihn gerichtete Sendung im Zuge der Verzollung vom Zollamt Wien beschlagnahmt worden sei und den Zollgewahrsam nie verlassen habe. Der Krokodilledergürtel wurde in das Inland verbracht. Damit wurde der Tatbestand des Einführens vollendet. Auf eine zollrechtliche Freigabe kommt es beim Tatbestand des § 9 Abs 1 Z 1 ArtHG aF nicht an.