VwGH: Befristung der Lenkberechtigung und Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen iZm Alkoholkonsum
Um eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kfz anzunehmen zu können, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, noch für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kfz ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss; die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs 3 Z 2 FSG besteht nur dann, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kfz führenden Verschlechterung gerechnet werden muss
§ 24 Abs 1 Z 2 FSG, § 8 Abs 3 Z 2 FSG
GZ 2008/11/0021, 14.12.2010
Die Bundespolizeidirektion Wien befristete mit mündlich verkündetem Bescheid vom 23. August 2007 gem § 24 Abs 1 Z 2 FSG die dem Bf "am 23.08.2007 unter der Zahl ... von der BPD Wien/VA für die Klasse(n) B erteilte/ausgestellte Lenkberechtigung bis zum 13.07.2009". Überdies wurden dem Bf gem § 2 Abs 3 letzter Satz FSG-GV als Auflage ärztliche Kontrolluntersuchungen im Zeitabstand von drei Monaten vorgeschrieben.
VwGH: Im Erkenntnis vom 22. Juni 2010, 2010/11/0067, hat der VwGH unter Verweis auf seine ständige Vorjudikatur zu den Voraussetzungen einer Befristung der Lenkberechtigung ausgeführt, dass es, um eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen anzunehmen zu können, auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber bedürfe, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, noch für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss.
Im erwähnten Erkenntnis hat der VwGH auch - ebenfalls unter Verweis auf seine ständige Vorjudikatur - zu den Voraussetzungen einer Einschränkung der Lenkberechtigung durch Vorschreibung von ärztlichen Nachuntersuchungen dargelegt, dass die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs 3 Z 2 FSG nur dann bestehe, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss.
In der den gutachterlichen Äußerungen zugrundegelegten verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 12. Juni 2007 wurde ausgeführt, dass in der Exploration eine bereits erhöhte Alkoholverträglichkeit erhoben worden sei, dass die Angaben des Bf zum Trinkverhalten "nicht gänzlich nachvollziehbar" seien und ein gelegentlicher Alkoholüberkonsum nicht ausgeschlossen werden könne. Insofern könne die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung als bedingt wieder gegeben erachtet werden. Die "Begründung" der im erstbehördlichen Verfahren erstatteten gutachterlichen Äußerung erschöpft sich darin, schlagwortartig auf geringe Bereitschaft zur Verkehrsanpassung, eine geringe Spürgrenze für erhöhten Alkoholkonsum sowie mangelnde Einsicht in Bezug auf die Alkoholisierung hinzuweisen. Auch die Begründung der von der belangten Behörde eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme geht über die Feststellung, dass die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung als bedingt wieder gegeben angesehen werden könne, nicht hinaus.
Damit fehlt es aber an einer nachvollziehbaren Begründung für die sowohl für die nachträgliche Befristung als auch für die Anordnung von ärztlichen Nachkontrollen unabdingbare Annahme, es bestehe die konkrete Gefahr, dass sich der gesundheitliche Zustand des Bf künftig maßgeblich verschlechtern könne, weshalb also vorliegendenfalls die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur noch für einen bestimmten Zeitraum angenommen werden könne und mit einer Verschlechterung gerechnet werden müsse. Weder der in der verkehrspsychologischen Stellungnahme hervorgehobene Umstand, dass positiv "das vorhandene Problembewusstsein des Bf hinsichtlich des Anlassfalls sowie die Strategien für den künftigen Umgang mit Fahr-Trink-Konflikten" zu bewerten sei, noch der in der von der belangten Behörde eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme erwähnte Umstand, dass ein "Laborbefund vom 25. 10. 2007 unauffällige Parameter hinsichtlich MCV, GGT und CDT" zeige - von der belangten Behörde jeweils nicht einmal erwähnt -, bieten für eine solche Annahme den geringsten Hinweis.
In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass nach der stRsp des VwGH eine "absolute Alkoholabstinenz" nicht Voraussetzung für die Bejahung des Vorliegens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist, es vielmehr darauf ankommt, ob die Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung darauf schließen lassen, dass der Betreffende willens und in der Lage wäre, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen.
Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Vorschreibung der Auflage wiederkehrender Untersuchungen auch nicht auf § 24 Abs 3 FSG gestützt werden kann.
Aus diesen Erwägungen erweist sich - jeweils auf der Basis der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen - weder die Befristung der Lenkberechtigung noch die Auflage ärztlicher Nachuntersuchungen als rechtmäßig,