20.01.2011 Verkehrsrecht

VwGH: Gesundheitliche Eignung gem § 8 FSG - Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens auf Grund der Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle

Stützt sich das amtsärztliche Gutachten auf die Stellungnahmen von verkehrspsychologischen Untersuchungsstellen, so hat es sich mit diesen Stellungnahmen - nachvollziehbar - auseinander zu setzen


Schlagworte: Führerscheinrecht, gesundheitliche Eignung, Amtsarzt, ärztliches Gutachten, Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle
Gesetze:

§ 8 FSG

GZ 2010/11/0095, 21.09.2010

VwGH: § 8 FSG regelt in seinem Abs 2 die Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens auf Grund der Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle und ordnet im Abs 3 leg cit an, dass das ärztliche Gutachten "abschließend" auszusprechen hat, ob der Betreffende geeignet ist. Stützt sich das amtsärztliche Gutachten daher auf die Stellungnahmen von verkehrspsychologischen Untersuchungsstellen, so hat es sich mit diesen Stellungnahmen - nachvollziehbar - auseinander zu setzen.

Im vorliegenden Beschwerdefall wäre es Aufgabe des amtsärztlichen Sachverständigen gewesen, nicht bloß die Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung zu Grunde zu legen oder diese wiederzugeben, sondern sich - inhaltlich - mit dem Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle auseinander zu setzen und dabei auch auf das (diesem Untersuchungsergebnis entgegen stehende) Schreiben des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 27. November 2009 einzugehen. Dieses fachärztliche Schreiben, in dem der psychiatrische und der neurologische Status des Bf beschrieben werden, wird im amtsärztlichen Gutachten vom 23. Februar 2010 nämlich im Wesentlichen nur damit abvotiert, dass der Facharzt bei Verfassung des Arztbriefes das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle möglicherweise nicht gekannt habe, sodass auch hier übersehen wird, dass es nicht ausschließlich auf das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung ankommt.

Die belangte Behörde hätte sich nicht mit der gutachterlichen Aussage begnügen dürfen, dass beim Bf "kognitive Leistungsdefizite" bestehen, sondern sie hätte deren Art und Ausmaß und va deren Auswirkungen auf das Lenken von Kraftfahrzeugen feststellen müssen, zumal nicht sämtliche Leistungsdefizite zur Entziehung der Lenkberechtigung führen, sondern (wie sich schon aus § 24 Abs 1 iVm § 3 Abs 1 Z 3 iVm § 8 Abs 1 FSG ergibt) nur solche, die die Eignung, Kraftfahrzeuge der betreffenden Klasse zu lenken, ausschließen.

Abgesehen davon hätte sich die belangte Behörde mit dem Einwand des Bf auseinander setzen müssen, dass das negative Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung va auf seine geringe Erfahrung im Umgang mit Computern zurückzuführen sei. Dieser Einwand lässt sich nämlich gegenständlich nicht mit dem bloßen Hinweis auf das amtsärztliche Gutachten vom 23. Februar 2010 entkräften, weil auch die Amtsärztin ausgeführt hat, dass nach dem Ergebnis von Studien Stress bei Personen, die sich erstmals in einer Testsituation mit einem Computer befinden, "großteils" zu keinem Unterschied in den Ergebnissen führe. Damit schließt die Sachverständige nicht aus, dass es Fälle geben kann, in denen der genannte Stress die Richtigkeit der Ergebnisse der Leistungstests beeinflusst. Daher hätte die belangte Behörde gegebenenfalls auf zusätzliche Untersuchungsergebnisse, die nicht auf den Umgang mit einem Computer abstellen, zurückgreifen müssen.