21.03.2010 Verkehrsrecht

VwGH: Dauernd stark gehbehindert - Ausweis gem § 29b StVO

Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gem § 29b StVO ist - dem Zweck der Bestimmung entsprechend - nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, sondern eine starke Gehbehinderung, die das Abstellen des Fahrzeuges in nächster Nähe des Zieles erforderlich macht, um das Ziel erreichen zu können


Schlagworte: Straßenverkehrsrecht, gehbehinderte Personen, Ausweis
Gesetze:

§ 29b StVO

GZ 2008/02/0403, 26.02.2010

VwGH: Zweck der Regelungen des § 29b StVO ist es, bestimmten behinderten Personen die nähere Zufahrt zu ihrem Ziel zu ermöglichen, als dies allgemein rechtlich zulässig wäre; dabei ist auf Verhältnisse abzustellen, unter denen nicht gerechnet werden kann, in nächster Nähe des Zieles einen (erlaubten) Abstellplatz für das Kraftfahrzeug zu finden, also etwa auf städtische Straßenverhältnisse.

Nach der Rechtsprechung stellt der Gesetzesbegriff der "starken Gehbehinderung" iSd § 29b Abs 1 StVO darauf ab, ob die betreffende Person in einer als Gehen zu qualifizierenden Weise ohne Aufwendung überdurchschnittlicher Kraftanstrengung und ohne große Schmerzen eine bestimmte Wegstrecke zurücklegen kann; ist sie dazu in der Lage, so wird eine festgestellte Gehbehinderung nicht als schwer iSd Gesetzes anzusehen sein. Die Fähigkeit zum Zurücklegen einer Strecke von mehr als 300 m ohne überdurchschnittliche Kraftanstrengung und ohne große Schmerzen schließt eine starke Gehbehinderung iSd Gesetzes aus, wobei der Umstand, dass dies nur mit Hilfsmitteln (wie etwa einem Gehstock oder orthopädischen Schuhen) möglich ist, die Behinderung nicht zu einer schweren macht.

Die Feststellung der Grundlagen für die Beurteilung, ob eine Person stark gehbehindert ist, ist Gegenstand eines Beweises durch einen ärztlichen Amtssachverständigen. Auf einen Bescheid des Bundessozialamtes über eine Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt es nicht an.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gem § 29b StVO - dem Zweck der Bestimmung entsprechend - nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, sondern eine starke Gehbehinderung, die das Abstellen des Fahrzeuges in nächster Nähe des Zieles erforderlich macht, um das Ziel erreichen zu können.