20.04.2011 Verfahrensrecht

VwGH: Hinterlegung - Abwesenheit von der Abgabestelle und zum Begriff "rechtzeitig" iSd § 17 Abs 3 ZustG

'Rechtzeitig' iSd § 17 Abs 3 ZustG ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre; wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden


Schlagworte: Zustellrecht, Hinterlegung, Abwesenheit von der Abgabestelle, rechtzeitig, Rechtsmittel, Rechtsmittelfrist
Gesetze:

§ 17 Abs 3 ZustG

GZ 2007/08/0210, 20.10.2010

VwGH: Gem § 17 Abs 3 ZustG gilt eine Sendung nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte.

In seinem Erkenntnis vom 24. Mai 2007, 2006/07/0101, hat der VwGH zum Begriff "rechtzeitig" iSd § 17 Abs 3 ZustG Folgendes ausgeführt:

"'Rechtzeitig' iS dieser Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden. In anderen Entscheidungen des VwGH wurde darauf abgestellt, ob der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb. In der Rsp des VwGH wurde zB noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung sowie bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen angenommen.

Erfolgt die Rückkehr an die Abgabestelle jedoch erst sieben Tage nach dem Beginn der Abholfrist kann aber jedenfalls nicht mehr gesagt werden, die Partei habe noch 'rechtzeitig' iSd § 17 Abs 3 vierter Satz ZustG vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt."

Im hier vorliegenden Beschwerdefall hat der Bf in seinem Einspruch geltend gemacht, bis zu der nach seinen Angaben am 30. März 2007 (ausweislich der Empfangsbestätigung schon am 26. März 2007) erfolgten Behebung des erstinstanzlichen Bescheides ortsabwesend gewesen zu sein. Diese Behauptung hat der Bf auch hinreichend konkretisiert (beruflich bedingter Aufenthalt in I für ein näher genanntes Unternehmen) und einen möglichen Zeugen bekannt gegeben.

Die belangte Behörde geht dennoch - ohne sich mit dem Einspruchsvorbringen auseinander zu setzen - davon aus, dass der erstinstanzliche Bescheid bereits am 15. März 2007 zugestellt worden wäre.

Das Fehlen näherer Feststellungen zur Ortsabwesenheit des Bf könnte aber nur dann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn der Bf auch bei Zugrundelegung der von ihm behaupteten Rückkehr an die Abgabestelle erst am 30. März 2007 (Abholung laut Empfangsbestätigung schon am 26. März 2007) iSd § 17 Abs 3 ZustG "rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte". Davon kann jedoch im Hinblick darauf, dass zum Zeitpunkt der behaupteten Rückkehr an die Abgabestelle bereits rund die Hälfte der - wenn auch im vorliegenden Fall mit einem Monat vergleichsweise langen - Rechtsmittelfrist abgelaufen war, im Lichte der oben dargelegten Rsp des VwGH nicht die Rede sein.