VwGH: § 68 Abs 1 AVG - Zurückweisung wegen entschiedener Sache
Es kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder iVm anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals maßgebenden Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann
§ 68 Abs 1 AVG
GZ 2007/10/0041, 29.09.2010
VwGH: Nach der Rsp des VwGH zu § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Die objektive Grenze der Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", dh durch die Identität der Verwaltungssache, über die mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt. Entschiedene Sache liegt daher vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Die Rechtskraft wird jedoch auch dann nicht durchbrochen, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist; es kann also nur eine solche Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, die für sich allein oder iVm anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals maßgebenden Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Dabei ist das Wesen der Sachverhaltsänderung nicht nach der objektiven Rechtslage, sondern nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen rechtskräftigen Entscheidung erfahren hat. Es obliegt dem Bf, der einen im Grunde des § 68 Abs 1 AVG ergangenen Bescheid bekämpft, konkret aufzuzeigen, inwiefern sich das den Gegenstand seines neuen Antrages bildende Vorhaben in Umständen von rechtlich erheblicher Bedeutung von jenem unterscheide, das Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung war.
Davon ausgehend entspricht ein einen Antrag im Hinblick auf die rechtskräftige Abweisung eines früheren Antrages gem § 68 Abs 1 AVG zurückweisender Bescheid dann den Anforderungen an die gesetzmäßige Begründung eines solchen Bescheides, wenn im Einzelnen jene Umstände festgestellt werden, die eine Beurteilung der Frage erlauben, ob im Verhältnis des Vorhabens, das Gegenstand der rechtskräftigen Abweisung war, zum neuen Vorhaben iSd oben Gesagten "Identität der Sache" vorliegt.
Die belangte Behörde hat sich in der Begründung ihres Bescheides mit der pauschalen, nicht weiter begründeten Beurteilung begnügt, dass sich "der ursprüngliche Schüttbereich von mit Eingabe vom 14. 8. 2006 vorgelegten Planunterlagen nur geringfügig" (nämlich "lediglich bei der Oberflächengestaltung der Anschüttung") unterscheide. Sie hat es jedoch unterlassen, im Einzelnen - hier: was Lage und Ausmaß der Anschüttung und die im Hinblick auf den angewendeten bzw anzuwendenden Bewilligungstatbestand sonst rechtserheblichen Umstände - betrifft, darzulegen, welches Vorhaben Gegenstand ihres Bescheides vom 6. Juli 1999 war, und welches Vorhaben den Gegenstand des neuerlichen Antrages der Bf bildet. Sollte die belangte Behörde - was angesichts der Aktenlage nicht ausgeschlossen werden kann - im Hinblick auf inhaltliche Mängel des Antrages der Bf nicht in der Lage gewesen sein, im Einzelnen den Gegenstand des Vorhabens der Bf festzustellen, wäre es ihre Aufgabe gewesen, den Bf Gelegenheit zur Präzisierung zu geben.