25.08.2010 Verfahrensrecht

VwGH: Zur Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

Die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt setzt begriffsnotwendig ein positives Tun der die Zwangsgewalt gebrauchenden Behörde einer bestimmten Person gegenüber voraus und liegt nur vor, wenn es keines dazwischen geschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen


Schlagworte: Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt
Gesetze:

Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, § 67a Abs 1 Z 2 AVG

GZ 2009/05/0231, 06.07.2010

VwGH: Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ohne Durchführung eines Verfahrens einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen wird. Ein derartiger Eingriff liegt im Allgemeinen dann vor, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt setzt begriffsnotwendig ein positives Tun der die Zwangsgewalt gebrauchenden Behörde einer bestimmten Person gegenüber voraus und liegt nur vor, wenn es keines dazwischen geschalteten weiteren Handelns mehr bedarf, um den behördlich gewollten Zustand herzustellen. Rechtswidrig sind solche Akte, wenn sie entweder ohne gesetzliche Ermächtigung gesetzt werden oder wenn die gesetzliche Ermächtigung überschritten (missbraucht) wird.

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass eine Bewilligung gem § 6 Abs 1 Kärntner Ortsbildpflegegesetz nicht vorliegt. Gem § 10 leg cit sind entgegen dieser Bestimmung aufgeführte Werbeanlagen sofort zu entfernen. Die Entfernung solcher Anlagen ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher (Befehls- und) Zwangsgewalt.

Als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wird in der Rsp der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ua die Abhaltung einer militärischen Übung ohne die Zustimmung des Grundeigentümers, das Betreten eines Hauses und die ohne Zustimmung des Verfügungsberechtigten vorgenommene Nachschau in einigen Zimmern durch einen Gendarmeriebeamten oder das Betreten und die Nachschau in einer Wohnung, ohne dass dies freiwillig gestattet worden wäre, angesehen, und zwar in all diesen Fällen ungeachtet des Umstandes, dass physischer Zwang weder ausgeübt noch angedroht worden war.