VwGH: Bestellung zum Verfahrenshelfer - schlechte wirtschaftliche Verhältnisse als Befreiungsgrund?
Es kann im Regelfall nicht angenommen werden, dass Verfahrenshilfebestellungen andere Betätigungen als selbständiger Rechtsanwalt für beträchtliche Zeit in unzumutbarer Weise ausschließen
§ 26 Abs 2 RAO
GZ 2008/06/0001, 15.09.2009
Der Bf macht geltend, dass in den Geschäftsordnungen gem § 46 Abs 2 RAO allgemeine Gesichtspunkte festgelegt werden könnten, nach denen Rechtsanwälte aus wichtigen Gründen von der Heranziehung zur Verfahrenshilfe ganz oder teilweise zu befreien seien. Als wichtige Gründe seien ua auch "persönliche Umstände" anzusehen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen ließen. Dass schlechte wirtschaftliche Verhältnisse als Befreiungsgrund ausgeschlossen seien, sei dieser Bestimmung nicht zu entnehmen.
VwGH: Die belangte Behörde hat den ins Treffen geführten schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Bf zu Recht entgegen gehalten, dass den Rechtsanwaltskammern für die Bestellung von Rechtsanwälten zu Verfahrenshelfern jährlich eine Pauschalvergütung (§ 47 RAO) zukommt, die nach den Ausführungen der belangten Behörde die Hälfte des erforderlichen Kapitals für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung Teil A ausmache. Durch die Tätigkeit der Rechtsanwälte in Verfahrenshilfesachen werde daher jeder einzelne Rechtsanwalt, auch der Bf, finanziell erheblich entlastet, da sonst der Beitrag zur Versorgungssicherungseinrichtung statt wie derzeit EUR 4.000,-- pa mehr als das Doppelte betragen müsste.
Für eine Auslegung iSd belangten Behörde spricht auch, dass der Gesetzgeber in § 16 Abs 4 RAO ausdrücklich dafür Sorge trifft, wenn ein Rechtsanwalt, der zu einem Verfahrenshelfer bestellt wurde, dadurch in besonderer Weise belastet wird. In dieser Bestimmung ist genau bestimmt, unter welchen Voraussetzungen von einer solchen besonderen, berücksichtigungswürdigen Belastung des Verfahrenshelfers auszugehen ist. Im Falle des Überschreitens des normalen Ausmaßes des Herangezogenwerdens im Rahmen der Verfahrenshilfebestellung räumt diese Bestimmung dem Verfahrenshelfer einen Vergütungsanspruch ein.
Abgesehen davon, dass der Bf in seinem Antrag in keiner Weise näher dargelegt hat, warum ihm durch die drei Verfahrenshilfebestellungen oder eine andere Verfahrenshilfebestellung jede andere Betätigung als selbständiger Rechtsanwalt für beträchtliche Zeit in unzumutbarer Weise nicht möglich sei, hält die belangte Behörde dem Beschwerdevorbringen in der Gegenschrift zutreffend entgegen, es könne im Regelfall nicht angenommen werden, dass Verfahrenshilfebestellungen andere Betätigungen als selbständiger Rechtsanwalt für beträchtliche Zeit in unzumutbarer Weise ausschlössen.