17.01.2008 Verfahrensrecht

VwGH: Wiederholung der mündlichen Verhandlung iSd § 66 Abs 2 AVG wegen Anwendung der falschen Rechtsnorm ?

Die "Notwendigkeit" einer mündlichen Verhandlung iSd § 66 Abs 2 AVG kann sich immer nur im Tatsachenbereich, nie aber in der Frage der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ergeben


Schlagworte: Wiederholung einer mündlichen Verhandlung, falsche Rechtsnorm
Gesetze:

§ 66 Abs 2 AVG

GZ 2007/02/0214, 09.10.2007

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ua ausgeführt, nach Ansicht der belangten Behörde sei der gegenständliche Bescheid nicht nach § 45 Abs 2, sondern nach § 45 Abs 1 StVO zu "beurteilen". Dies bedeute, dass das von der Behörde erster Instanz durchgeführte Ermittlungsverfahren zwar "als ausreichend" erscheine, aber wegen der Anwendung der falschen Rechtsnorm dennoch von einer "Mangelhaftigkeit" gesprochen werden müsse. Die Wiederholung einer mündlichen Verhandlung erscheine deshalb unvermeidlich, um den Parteien die Möglichkeit zur Äußerung bezüglich des Sachverhaltes und der rechtlichen Beurteilung auf Grund der nunmehr anzuwendenden Bestimmung des § 45 Abs 1 StVO zu schaffen.

VwGH: Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Nach der hg Rechtsprechung kann sich die "Notwendigkeit" einer mündlichen Verhandlung iSd § 66 Abs 2 AVG immer nur im Tatsachenbereich, nie aber in der Frage der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ergeben, wobei nicht maßgebend ist, ob eine solche Verhandlung im kontradiktorischen Sinne (oder nur eine Vernehmung) erforderlich ist. Die Berufungsbehörde besitzt auch nicht das Recht, von der Bestimmung des § 66 Abs 2 AVG Gebrauch zu machen, wenn es ihrer Ansicht nach nur darum geht, den Parteien des Verwaltungsverfahrens die ihnen (allenfalls) bisher nicht eingeräumte Gelegenheit zu geben, auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ihre rechtlichen Interessen geltend zu machen.

Durch den angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin daher in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt, sodass er - ohne dass in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war - gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.