VwGH: Weder ein einem Sachverständigen in seinem Gutachten unterlaufener Irrtum noch neue Schlussfolgerungen eines dem Verwaltungsverfahren nicht beigezogenen Sachverständigen - im Gegensatz zu neuen Befundergebnissen - können einen Wiederaufnahmegrund gem § 69 Abs 1 Z 2 AVG darstellen
§ 69 AVG
In seinem Erkenntnis vom 24.04.2007 zur GZ 2005/11/0127 hat sich der VwGH mit der Wiederaufnahme befasst:
Die Beschwerdeführerin steht auf dem Standpunkt, es sei ein Wiederaufnahmegrund iSd § 69 Abs 1 Z 2 AVG gegeben, weil die Gutachtensergebnisse im Verwaltungsverfahren betreffend Zustimmung zur Kündigung (die Beschwerdeführerin ist begünstigter Behinderter) und im später durchgeführten gerichtlichen Verfahren (betreffend Berufsunfähigkeitspension), welches am 11. April 2005 zur schriftlichen Urteilsfassung geschlossen worden sei, im Widerspruch zueinander stünden.
Dazu der VwGH: Nach stRsp muss es sich bei den im § 69 Abs 1 Z 2 AVG bezeichneten "Tatsachen und Beweismitteln" um neu hervorgekommene, dh um solche handeln, die bereits im Zeitpunkt des Verfahrens bestanden haben, aber erst später, nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens bekannt wurden. Mit "Tatsachen" sind Geschehnisse im Seinsbereich, mit "Beweismitteln" Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen gemeint. Ausgehend von dieser Umschreibung des Wiederaufnahmegrundes gem § 69 Abs 1 Z 2 AVG können weder ein einem Sachverständigen in seinem Gutachten unterlaufener Irrtum noch neue Schlussfolgerungen eines dem Verwaltungsverfahren nicht beigezogenen Sachverständigen - im Gegensatz zu neuen Befundergebnissen - einen solchen Wiederaufnahmegrund darstellen.
Die Behörde war auch nicht gehalten, den Akt und das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes beizuschaffen, weil die Entscheidung eines Gerichtes bzw einer Verwaltungsbehörde in einer bestimmten Rechtssache weder eine neue Tatsache noch ein (neu hervorgekommenes) Beweismittel iSd § 69 Abs 1 Z 2 AVG darstellt, sondern vielmehr selbst auf Beweismitteln basiert.