11.05.2011 Steuerrecht

VwGH: Gewährung von Zahlungserleichterungen im Finanzstrafverfahren

Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem FinStrG richtet sich nach § 212 BAO; maßgebend für die Entscheidung über Zahlungserleichterungen zur Entrichtung einer Geldstrafe ist die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes; dieser besteht in einem dem Bestraften zugefügten Übel, das ihn künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten soll


Schlagworte: Finanzstrafrecht, Zahlungserleichterung, Geldstrafe, Ermessen, Strafzweck, "bequeme" Ratenzahlung, Ruin der wirtschaftlichen Existenz
Gesetze:

§ 172 FinStrG, § 212 BAO, § 20 BAO

GZ 2009/16/0093, 25.11.2010

VwGH: Gem § 172 Abs 1 FinStrG obliegt die Einhebung, Sicherung und Einbringung der Geldstrafen und Wertersätze sowie der Zwangs- und Ordnungsstrafen und die Geltendmachung der Haftung den Finanzstrafbehörden erster Instanz. Hiebei gelten, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die BAO und die AbgEO sinngemäß.

Die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem FinStrG richtet sich damit nach § 212 BAO.

Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung von Zahlungserleichterungen nach § 212 Abs 1 BAO ist sowohl die Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages, als auch das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabenpflichtigen.

Sind alle Voraussetzungen für Zahlungserleichterungen gegeben, so liegt die Bewilligung im Ermessen der Behörde. Die Ermessensübung hat sich va am Zweck der Norm zu orientieren.

Maßgebend für die Entscheidung über Zahlungserleichterungen zur Entrichtung einer Geldstrafe ist die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes. Dieser besteht in einem dem Bestraften zugefügten Übel, das ihn künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten soll. Dass die Gewährung solcher Zahlungserleichterungen, welche dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe gleichsam in Art der Kaufpreisabstattung für einen Bedarfsgegenstand ermöglichen soll, dem Strafzweck zuwider liefe, liegt auf der Hand. Aber auch im Ruin der wirtschaftlichen Existenz eines Bestraften kann keine sinnvolle Erreichung des mit der Bestrafung verfolgten Zwecks erblickt werden.

Die belangte Behörde hat im Ergebnis das Vorliegen der Voraussetzungen der Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages und das Vorliegen einer erheblichen Härte gegenüber dem Abgabenpflichtigen bejaht und ihre Ermessensentscheidung getroffen, indem sie den unbestrittenen Umstand, dass das Abgabenkonto des Bf auch aushaftende Stundungszinsen aus einer anderen Bestrafung nach dem FinStrG aufgewiesen hat und dass fast zwanzig Monate nach dem Fälligkeitszeitpunkt die gegenständliche Geldstrafe zur Gänze unberichtigt ausgehaftet ist, zu Grunde gelegt hat.

Die Beschwerde rügt, die belangte Behörde habe in ihre Entscheidung auch andere offene Forderungen am Abgabenkonto des Bf einbezogen.

Dem Bf ist zuzugestehen, dass bei Bewilligung einer Zahlungserleichterung ohne Vorliegen eines darauf gerichteten Antrages die Behörde - von den zusammengefasst verbuchten Abgaben abgesehen - eine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen hätte. Im Beschwerdefall gibt es jedoch keine Anzeichen dafür, dass dies geschehen ist. Der Umstand, dass die belangte Behörde in ihrer Begründung neben der gegenständlichen Geldstrafe noch aushaftende Stundungszinsen aus einem früheren Finanzstrafverfahren angeführt hat, hatte noch nicht zur Folge, dass diese vom Ausspruch über das Ratenansuchen erfasst worden wären. Die belangte Behörde durfte in ihrer Ermessensentscheidung auch berücksichtigen, ob der Bf bislang seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Abgabenbehörden nachgekommen ist.

Der Bf rügt auch, die belangte Behörde hätte nicht berücksichtigt, dass ihm die Zahlung von monatlich EUR 500,-- nur unter Anspannung all seiner Kräfte gerade noch möglich sein würde, sodass der mit der Bestrafung verbundene Zweck auch ohne seinen wirtschaftlichen Ruin bewirkt würde. Hingegen würde er bei Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe seinen Arbeitsplatz verlieren. Mit nunmehr 60 Jahren wäre er am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar und würde nur mehr eine - nicht pfändbare - Mindestpension beziehen.

Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde in ihrer Ermessenentscheidung nicht auseinander gesetzt. Dem Bf ist dahingehend zuzustimmen, dass bei einem monatlichen Einkommen von EUR 1.000,-- bei einer monatlichen Rate von EUR 500,-- von einer "bequemen" Ratenzahlung nicht mehr die Rede sein kann. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang insbesondere nicht begründet, warum eine Ratenzahlung in dieser Höhe nicht geeignet wäre, den Bf von weiteren Straftaten abzuhalten, ohne dabei seine wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Bei einer Laufzeit von rund sechs Jahren kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zahlungserleichterung in einer Art gewährt würde, dass der Zahlungsanspruch niemals erfüllt werden könne und letztlich auf eine Sanktionslosigkeit hinausliefe (vgl das Erkenntnis vom 21. Jänner 2004, 2001/16/0371, in welchem eine Laufzeit einer Ratenzahlung von mehr als 60 Jahren im Ergebnis als Uneinbringlichkeit beurteilt wurde).