20.04.2011 Steuerrecht

VwGH: UStG - Unternehmereigenschaft einer Wohnungseigentumsgemeinschaft

Wohnungseigentumsgemeinschaften kommt Unternehmereigenschaft zu, weil sie einerseits im eigenen Namen nach außen auftreten, Leistungen in Auftrag geben und bezahlen und andererseits dadurch nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig werden, dass sie von den einzelnen Mit- und Wohnungseigentümern den auf sie entfallenden Anteil an den Kosten erheben


Schlagworte: Umsatzsteuer, Wohnungseigentumsgemeinschaft, Unternehmereigenschaft, Entgelt, Leistungsbündel
Gesetze:

§ 10 Abs 2 Z 4 lit d UStG, § 4 Abs 1 UStG

GZ 2007/15/0129, 24.02.2011

Die bf Wohnungseigentumsgemeinschaft vertrat in einer Beilage zur Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2002 die Ansicht, dass verschiedene Einnahmen, die ihr aus der Weiterverrechnung von Ausgabenposten (Postgebühren, Hausmeister, Versicherung und Grundsteuer) an die einzelnen Wohnungseigentümer entstanden waren, nicht der Umsatzsteuer unterlägen.

Die Postgebühren und die Grundsteuer seien reine Durchlaufposten. Der Hausbesorger beschränke seine Tätigkeit auf die allgemeinen Einrichtungen des Hauses. Er sei Dienstnehmer der Bf und selbst nicht Unternehmer. Die Bf erbringe "ihrerseits keine weitere Leistung, weil die Leistung des Hausbesorgers bei ihr das Ziel erreicht" habe. Daher bestehe auch diesbezüglich keine Umsatzsteuerpflicht der Bf. Die Versicherungsbeiträge seien aufgrund der Judikatur des EuGH steuerfrei zu belassen. Aus all dem folge, dass die genannten Beträge aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden seien und die Bf diesbezüglich nicht zur Abfuhr einer Umsatzsteuer verpflichtet werden könne.

VwGH Nach hL und stRsp kommt Wohnungseigentumsgemeinschaften Unternehmereigenschaft zu, weil sie einerseits im eigenen Namen nach außen auftreten, Leistungen in Auftrag geben und bezahlen und andererseits dadurch nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig werden, dass sie von den einzelnen Mit- und Wohnungseigentümern den auf sie entfallenden Anteil an den Kosten erheben.

Nach ebenso hA erbringen Wohnungseigentumsgemeinschaften bei der Verwaltung der Anlage eine eigenständige und einheitliche Leistung an die Wohnungseigentümer.

Wenn die Bf in der Weiterverrechnung der Beiträge für die Gebäudeversicherung das Vorliegen einer steuerfreien Versicherungsleistung erblickt, kann ihr nicht gefolgt werden, weil die Leistung der Bf an die Wohnungseigentümer nicht in der selbständigen Erbringung einer Versicherungsleistung besteht, sondern sich aus mehreren, in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden, gleichrangigen Teilen einer einheitlichen (Haupt-)Leistung zusammensetzt. Die steuerlichen Folgen richten sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Gesamtleistung, die gegenständlich aus der Erhaltung und Verwaltung des im gemeinsamen Eigentum stehenden Gebäudes besteht. Diese Leistung unterliegt nach § 10 Abs 2 Z 4 lit d UStG dem ermäßigten Steuersatz.

Diese Beurteilung findet auch im Unionsrecht Deckung. Wie der EuGH wiederholt ausgeführt hat, ist bei einem Umsatz, der ein Leistungsbündel darstellt, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob zwei oder mehrere getrennte Leistungen vorliegen oder eine einheitliche Leistung, die gegebenenfalls einer der in der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen unterliegt. Eine einheitliche Leistung liegt ua dann vor, wenn der Steuerpflichtige zwei oder mehrere Handlungen vornimmt, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Dabei ist es Sache der nationalen Gerichte, festzustellen, ob es sich in einem konkreten Fall so verhält.

Gem § 4 Abs 1 UStG ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Das Entgelt ist nicht um Aufwendungen des Unternehmers zu kürzen. Die Bemessungsgrundlage bildet vielmehr das ungekürzte Entgelt, weshalb auch weiterverrechnete Aufwendungen wie Porti, Grundsteuer oder Personalaufwand nicht aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden sind, mag das Entgelt auch nur aus weiterverrechneten Auslagen bestehen.

Lediglich Aufwendungen, die von vornherein im fremden Namen getätigt und weiterverrechnet werden, stellen gem § 4 Abs 3 UStG durchlaufende Posten dar, die nicht zum Entgelt zählen. Dass dies in Ansehung der weiterverrechneten Grundsteuer und der Portogebühren der Fall sein sollte, macht die Bf auch vor dem VwGH nicht einsichtig.

Auch kann der Ansicht der Bf, die Lohn- und Lohnnebenkosten des Hausbesorgers seien aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, nicht gefolgt werden. Steuerobjekt der Umsatzsteuer ist die von der Bf erbrachte Gesamtleistung. Ob die von der Bf in Anspruch genommenen Vorleistungen mit Umsatzsteuer belastet waren oder (wie im Fall der Aufwendungen für den nichtselbständig beschäftigten Hausbesorger) nicht, ist für den hier zu beurteilenden Leistungsaustausch nicht von Relevanz.