16.03.2011 Steuerrecht

VwGH: Arbeitnehmer sucht nach Absolvierung der Dienstverrichtung seinen Familienwohnsitz auf und kehrt nicht unverzüglich an den Dienstort (seinen Zweitwohnsitz) zurück - Dienstreisekosten als Werbungskosten?

Fahrtkosten anlässlich einer beruflich veranlassten Reise des Arbeitnehmers stellen im tatsächlichen Umfang, somit insbesondere nach Abzug allfälliger vom Arbeitgeber geleisteter Aufwandsersätze, Werbungskosten dar


Schlagworte: Einkommensteuer, Werbungskosten, Dienstreise, beruflich veranlasst
Gesetze:

§ 16 EStG, § 20 EStG

GZ 2010/15/0043, 27.01.2011

Der Mitbeteiligte machte anlässlich der Arbeitnehmerveranlagungen Fahrtkosten für Dienstreisen (Kilometergelder abzüglich der Dienstgebervergütungen) als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt schied in seinen Einkommensteuerbescheiden im Einzelnen bezeichnete Fahrten mit der Begründung aus, dass die gegenständlichen Fahrten nicht nur beruflichen Zwecken, sondern auch dem Aufsuchen des in D (Osttirol) gelegenen Familienwohnsitzes gedient hätten. Wie vom Finanzamt näher ausgeführt sei davon auszugehen, dass die Dienstverrichtungen in Osttirol so geplant worden seien, dass der Mitbeteiligte einen möglichst hohen, die beruflichen Tage deutlich übersteigenden Anteil an freien Tagen habe gewinnen können. Wegen der Überlagerung der beruflichen (Dienstreise) durch eine private Veranlassung (Besuch des Familienwohnsitzes) kämen die Fahrtkosten zufolge des Aufteilungs- und Abzugsverbotes des § 20 EStG nicht als Werbungskosten in Betracht.

VwGH: Fahrtkosten anlässlich einer beruflich veranlassten Reise des Arbeitnehmers stellen im tatsächlichen Umfang, somit insbesondere nach Abzug allfälliger vom Arbeitgeber geleisteter Aufwandsersätze, Werbungskosten dar.

Im Beschwerdefall ist sachverhaltsbezogen unbestritten, dass für die gegenständlichen Fahrten des Mitbeteiligten Dienstreiseaufträge (entsprechende Weisungen der Dienstbehörde) vorlagen und der Mitbeteiligte "tagesfüllende" Dienste (sicherheitstechnische Überprüfung von Seilbahnanlagen) verrichtet hat. Damit bot auch der Inhalt der angeordneten Tätigkeiten keinen Anhaltspunkt dafür, nicht von einer im ausschließlichen Interesse des Dienstgebers erfolgten Entsendung auszugehen, wie dies zB dann der Fall sein könnte, wenn der Arbeitnehmer zu repräsentativen Veranstaltungen oder zu Studienreisen entsandt wird, die auch allgemein interessierende Programmpunkte umfassen. Die Reisen waren sohin einwandfrei durch ein fremdbestimmtes berufliches Moment veranlasst.

Wenn die belangte Behörde mit der Begründung, der Mitbeteiligte habe vor oder nach Absolvierung der Dienstverrichtung seinen Familienwohnsitz aufgesucht und sei nicht unverzüglich an den Dienstort (seinen Zweitwohnsitz) zurückgekehrt, von einer relevanten privaten Mitveranlassung der strittigen Fahrten ausgegangen ist, hat sie schon deshalb die Rechtslage verkannt. Die vom Finanzamt relevierte Frage des Aufteilungsverbotes bei gemischt veranlassten Aufwendungen stellt sich im Beschwerdefall daher nicht.