VwGH: Abänderung gem § 295a BAO
§ 295a BAO ist eine rein verfahrensrechtliche Bestimmung; anhand der materiellen Abgabengesetze ist zu prüfen, ob ein Anwendungsfall des § 295a BAO vorliegen kann
§ 295a BAO
GZ 2006/15/0343, 24.06.2010
Der Bf erachtet sich in seinem Recht auf richtige Anwendung der Bestimmung des § 295a BAO deshalb und dadurch verletzt, weil entgegen der Rechtsmeinung der belangten Behörde kein Ereignis eingetreten sei, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand bzw den Umfang des zu beurteilenden Abgabenanspruches habe.
VwGH: § 295a BAO ist eine rein verfahrensrechtliche Bestimmung. Sie nimmt in keiner Weise Einfluss auf den Tatbestand materieller Abgabengesetze. Es ist vielmehr den materiellen Abgabengesetzen zu entnehmen, ob einem nachträglich eingetretenen Ereignis abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit zukommt. Demnach ist anhand der materiellen Abgabengesetze zu prüfen, ob ein Anwendungsfall des § 295a BAO vorliegen kann.
Sehen Abgabenvorschriften eine Rückwirkung vor, ist nach § 295a BAO insoweit eine Änderung von Bescheiden möglich, als das nachträglich eingetretene Ereignis rückwirkend Auswirkungen auf Bestand und Umfang eines Abgabenanspruches zeitigt.
Die belangte Behörde hat den Verkauf der bis dahin vermieteten Eigentumswohnung als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO qualifiziert und insoweit die Rechtslage verkannt. Der Verkauf des Mietobjektes stellt für den Fall, dass er vor der Erzielung eines positiven Gesamtergebnisses erfolgt und nicht auf eine Unwägbarkeit zurückzuführen ist, ein Indiz dafür dar, dass die Vermietung von vornherein nicht für die Dauer eines absehbaren Zeitraumes iSd § 2 Abs 4 LVO beabsichtigt war. Letzteres kann - wenn es sich zur Gewissheit verdichten sollte - eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 BAO darstellen, die zur amtswegigen Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren nach § 303 Abs 4 BAO, nicht aber zur Abänderung der Einkommensteuerbescheide nach § 295a leg cit berechtigt.