VwGH: Steuerbegünstigung bei Betriebsveräußerung iSd § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 5 EStG - zur "Erwerbstätigkeit"
Eine einschränkende Interpretation des Tatbestandsmerkmals "Erwerbstätigkeit" iSd § 37 Abs 5 EStG ist für den Fall angebracht, dass ein Steuerpflichtiger einen Betrieb im Erbweg erwirbt und sodann in der Art einer Abwicklung in einem den Umständen nach kurzen Zeitraum einstellt; in einem solchen Fall kann von einer dem "Erwerb" dienenden Tätigkeit nicht gesprochen werden und steht es dem Fehlen einer Erwerbstätigkeit iSd § 37 Abs 5 EStG nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige betriebliche Einkünfte erzielt
§ 37 Abs 5 EStG
GZ 2008/15/0094, 22.03.2010
Die belangte Behörde kam zum Ergebnis, dass die von der Bf beantragte Steuerbegünstigung des § 37 Abs 1 iVm § 37 Abs 5 EStG hinsichtlich des Veräußerungsgewinnes aus dem Verkauf der KEG nicht zur Anwendung gelangen könne, weil die ab 26. November 1998 ausgeübte aktive werbende Betätigung im Zuge der Weiterführung der KG nicht als gänzliche Einstellung ihrer Erwerbstätigkeit beurteilt werden könne. Durch die Weiterführung des Betriebes des Ehemannes als Einzelunternehmen, welche im Jahr 1999 zu einem Zukauf von Waren im Wert von über S 300.000,-- und Umsatzerlösen von über S 500.000,-- geführt habe, sei nicht von einer sofortigen Liquidation des Unternehmens, sondern von einer allgemeinen wirtschaftlichen Betätigung auszugehen. Dies stehe einer Anwendung des § 37 Abs 5 EStG entgegen.
VwGH: Unter den Begriff "Erwerbstätigkeit" iSd § 37 Abs 5 EStG fallen alle Tätigkeiten, die sich als aktive Betätigung im Erwerbsleben darstellen. In seinem Erkenntnis vom 9. März 1982, 82/13/0044,0045, hat der VwGH zur Frage der Erwerbstätigkeit bei der Zuzugsbegünstigung (§103 EStG 1972) ausgeführt, dass - neben dem Bezug von einer Zuzugsbegünstigung nicht schädlichen Pensionen - auch eine mitunternehmerische Beteiligung dann keine Erwerbstätigkeit darstellt, wenn ein Kommanditist keine wesentlich andere Funktion als ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft hat, er also keine besonderen wirtschaftlichen Tätigkeiten ausübt.
In seinem Erkenntnis vom 4. Juni 2008, 2003/13/0077, hat der VwGH zum Ausdruck gebracht, dass eine "kapitalistische" Mitunternehmereigenschaft trotz ihrer Zuordnung zu den gewerblichen Einkünften nach § 23 Z 2 für sich keine Erwerbstätigkeit iSd § 37 Abs 5 EStG darstellt.
Eine einschränkende Interpretation des Tatbestandsmerkmals "Erwerbstätigkeit" iSd § 37 Abs 5 EStG hält der VwGH auch für den Fall angebracht, dass ein Steuerpflichtiger einen Betrieb im Erbweg erwirbt und sodann in der Art einer Abwicklung in einem den Umständen nach kurzen Zeitraum einstellt. Auch in einem solchen Fall kann von einer dem "Erwerb" dienenden Tätigkeit nicht gesprochen werden und steht es dem Fehlen einer Erwerbstätigkeit iSd § 37 Abs 5 EStG nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige betriebliche Einkünfte erzielt.
Im Beschwerdefall ist zunächst schon darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde keine konkreten Feststellungen getroffen hat, wonach die Bf anlässlich der Veräußerung ihres Komplementäranteiles an der KEG (mit Wirkung vom 1. Juli 1998) ihre Erwerbstätigkeit nicht eingestellt hätte. Erst Monate später (im November 1998) ist die Bf nach dem Tod ihres Ehemannes hinsichtlich des bis dahin von ihm als Komplementär "geführten" Unternehmens tätig geworden. Aber auch der Ansicht der belangten Behörde, dass dabei nicht "von einer sofortigen Liquidation auszugehen" sei, kann selbst bei den noch ausgeführten Umsätzen unter Berücksichtigung des unbestritten gebliebenen Umstandes, dass die Geschäftstätigkeit des Unternehmens tatsächlich nach einem Zeitraum von wenig mehr als einem Jahr eingestellt war, nicht gefolgt werden. Dass entgegen dem Vorbringen im Berufungsverfahren das Verlassenschaftsverfahren keinerlei Verzögerungen mit sich gebracht hat, weshalb eine wesentlich raschere Liquidation möglich gewesen wäre, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.