VwGH: Haftung nach den §§ 9 und 80 BAO iZm Berechnung des Quotenschadens
Legt der zur Haftung herangezogene Vertreter eine konkrete Berechnung des Quotenschadens vor und ist die Berufungsbehörde der Meinung, Einzelheiten dieser Berechnung bedürften einer Änderung oder Ergänzung, um den Quotenschaden richtig zu berechnen, so steht es ihr nicht frei, den Vertreter so zu behandeln, als ob er den Nachweis gar nicht angetreten hätte; es obliegt ihr in diesem Fall vielmehr, den Vertreter zu den notwendigen Präzisierungen aufzufordern
§ 9 BAO, § 80 BAO
GZ 2005/13/0124, 24.02.2010
In Bezug auf die Umsatzsteuer 3/2000 legte der Bf unter Anschluss einer Liste der geleisteten Zahlungen ua dar, "per Ende April" hätten - abgesehen von den Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt - Verbindlichkeiten in näher genannter Höhe bestanden, auf die laut Saldenliste insgesamt Zahlungen geleistet worden seien, aus denen sich eine Befriedigungsquote von 16,20 vH ergebe, wohingegen an das Finanzamt in der Zeit zwischen dem 15. Mai 2000 und der Konkurseröffnung am 5. Juni 2000 keine Zahlung mehr geleistet worden sei. In Bezug auf diesen Zeitraum liege daher, rein rechnerisch, eine Besserstellung der übrigen Gläubiger im Ausmaß von 16,20 vH vor.
Der Bf verweist auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren, mit dem er dargelegt habe, welcher Betrag bei Gleichbehandlung aller Gläubiger an das Finanzamt abzuführen gewesen wäre. Die Verbindlichkeiten seien - wie dies vor Konkurseröffnung erfahrungsgemäß der Fall sei - im Lauf des Monats Mai 2000 weiter angewachsen, woraus sich im Verhältnis zu den geleisteten Zahlungen nur eine noch geringere Befriedigungsquote ergeben hätte. In Bezug auf den Vorwurf, er habe die am Fälligkeitstag vorhandenen Mittel nicht dargestellt, führt er aus, er habe den Betrag angeführt, der "insgesamt im Monat Mai 2000 zur Gläubigerbefriedigung vorhanden gewesen ist und dementsprechend für Zahlungen verwendet wurde". Auch dieser Betrag sei höher als der ihm nicht bekannte Betrag, der genau am 15. Mai 2000 zur Verfügung gestanden sei.
Die belangte Behörde vertritt in der Gegenschrift nicht mehr die Auffassung, der Bf habe den Nachweis der dem Abgabengläubiger vorenthaltenen Quote "nicht angetreten". Sie führt nun aus, die Mängel in seinem diesbezüglichen Vorbringen hätten es ihr "erlaubt, den Bf so zu behandeln, als hätte er den Beweis für den Quotenschaden gar nicht angetreten," und der Bf gestehe "selbst zu - aus welchen Gründen auch immer - den Beweis für den Quotenschaden nicht erbringen zu können".
VwGH: Letzteres trifft auf das Vorbringen des Bf - wenn man den Nachweis des Quotenschadens als solchen einer Begrenzung der Haftung nach oben versteht - nicht zu. Legt der zur Haftung herangezogene Vertreter eine konkrete Berechnung des Quotenschadens vor und ist die Berufungsbehörde der Meinung, Einzelheiten dieser Berechnung bedürften einer Änderung oder Ergänzung, um den Quotenschaden richtig zu berechnen, so steht es ihr aber auch nicht frei, den Vertreter so zu behandeln, als ob er den Nachweis gar nicht angetreten hätte. Es obliegt ihr in diesem Fall vielmehr, den Vertreter zu den notwendigen Präzisierungen aufzufordern.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten nicht über das Maß des Möglichen und Zumutbaren hinaus überspannt werden dürfen, was in Fällen wie dem vorliegenden sowohl für die laufende Neuberechnung der Quote im Rahmen der Vertretungstätigkeit als auch für die Mitwirkung an ihrer nachträglichen Feststellung von Bedeutung sein und unter Umständen auch eine überschlägige Ermittlung der Quote erfordern kann. Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass die Behörde nicht gehalten ist, im Wege einer Schätzung auf das Ausmaß der Ungleichbehandlung zu schließen, wenn dazu kein konkretes Vorbringen erstattet wird.
Im vorliegenden Fall hatte der Bf eine konkrete Berechnung der Quote vorgelegt, über die sich die belangte Behörde nicht in der dargestellten Weise hinwegsetzen durfte.