14.10.2008 Steuerrecht

VwGH: Zur Berechtigung zum Vorsteuerabzug einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bei Vermietung und Verpachtung von Grundstücken - § 2 Abs 2 UStG und Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie

Dem Begriff der "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" in § 2 Abs 3 UStG ist nicht die Bedeutung des gleich lautenden Begriffes in Art 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie beizumessen


Schlagworte: Umsatzsteuer, Körperschaft des öffentlichen Rechts, Betriebe gewerblicher Art, Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, Vorsteuer
Gesetze:

§ 2 Abs 3 UStG

GZ 2003/13/0086, 03.09.2008

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die beschwerdeführende Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts iZm der Errichtung der beiden Dorfzentren deshalb gewerblich oder beruflich tätig (und daher zum Vorsteuerabzug berechtigt) war, weil die anschließende Überlassung an den jeweiligen Verein eine Vermietung oder Verpachtung iSd § 2 Abs 3 zweiter Satz UStG bedeutete.

VwGH: Dem Begriff der "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" in § 2 Abs 3 UStG ist nicht die Bedeutung des gleich lautenden Begriffes in Art 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie, 77/388/EWG, beizumessen. Nach dem Urteil des EuGH vom 6. Februar 1997, Rs C-247/95, ist nämlich Art 4 Abs 5 Unterabsatz 4 der 6. Richtlinie so auszulegen, dass er es den Mitgliedstaaten erlaubt, die in Art 13 der 6. Richtlinie aufgezählten (steuerbefreiten) Tätigkeiten (dazu zählt ua die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken mit bestimmten Ausnahmen) bei Einrichtungen des öffentlichen Rechts als Tätigkeiten zu behandeln, die diesen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, obwohl sie sie in gleicher Weise ausüben wie private Wirtschaftstreibende, und diesen ein Optionsrecht zur Steuerpflicht eingeräumt ist (Teil C des Art 13). Dies bedeutet, dass nach den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts selbst eine Vermietung iSd Art 13 Teil B Buchstabe b der 6. Richtlinie nicht dem Unternehmensbereich einer Körperschaft öffentlichen Rechts zugeordnet werden muss. In dem Erkenntnis vom 20. Jänner 2005, Zl 2000/14/0203 wurde ebenfalls hervorgehoben, dass die Subsumierbarkeit einer Tätigkeit einer Gemeinde unter den Begriff der Vermietung iSd zitierten Bestimmung der 6. Richtlinie nach Art 4 Abs 5 derselben Richtlinie zur Folge habe, dass Österreich eine solche Tätigkeit der Gemeinde als im Rahmen der öffentlichen Gewalt erbracht behandeln dürfe. In einem solchen Fall sei in weiterer Folge zu prüfen, ob diese Tätigkeit der Gemeinde (sofern sie nicht in einen anderen Betrieb eingebettet sei) unter die Bestimmung des § 2 Abs 3 UStG falle, wobei anzumerken sei, dass "sich der innergemeinschaftliche Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nicht notwendig mit dem im UStG verwendeten Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken deckt".

Fiel die von der beschwerdeführenden Gemeinde ausgeübte Tätigkeit zwar unter den Begriff der Vermietung iSd Art 13 Teil B Buchstabe b der 6. Richtlinie, nicht aber unter den (engeren) Begriff der Vermietung iSd § 2 Abs 3 UStG, dann war diese Tätigkeit nach dem (insoweit die Ermächtigung des Art 4 Abs 5 Unterabsatz 4 der 6. Richtlinie ausschöpfenden) § 2 Abs 3 UStG nicht unternehmerisch und als ihr iSd Art 4 Abs 5 der 6. Richtlinie im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegend zu behandeln. Das Gemeinschaftsrecht steht der Behandlung als Nichtsteuerpflichtige diesfalls nicht entgegen, sofern dies nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt.