20.04.2011 Sozialrecht

VwGH: Verletzung der Meldepflicht nach § 50 Abs 1 AlVG und Rückforderung gem § 25 Abs 1 AlVG

Die Verletzung der Meldepflicht nach § 50 Abs 1 AlVG rechtfertigt die Annahme einer Verschweigung maßgebender Tatsachen iSd § 25 Abs 1 AlVG und somit die Rückforderung des unberechtigt Empfangenen; aus der Gegenüberstellung der einzelnen Tatbestände des § 25 Abs 1 AlVG (unwahre Angaben, Verschweigung maßgebender Tatsachen und Erkennenmüssen, dass die Leistung nicht oder nicht in voller Höhe gebühre) folgt weiters, dass die ersten beiden Tatbestände zumindest mittelbaren Vorsatz - dolus eventualis - voraussetzen, während es für die Anwendung des dritten Tatbestandes genügt, dass Fahrlässigkeit gegeben war; eine Rückersatzpflicht auf Grund eines der beiden ersten im § 25 Abs 1 AlVG genannten Tatbestände setzt zudem voraus, dass die unwahren Angaben bzw das Verschweigen maßgebender Tatsachen für den Leistungsbezug kausal waren (arg: "herbeigeführt hat")


Schlagworte: Arbeitslosenversicherungsrecht, Verletzung der Meldepflicht, Rückforderung, Wochengeldbezug
Gesetze:

§ 50 AlVG, § 25 AlVG

GZ 2007/08/0150, 16.02.2011

VwGH: Nach stRsp des VwGH rechtfertigt die Verletzung der Meldepflicht nach § 50 Abs 1 AlVG die Annahme einer Verschweigung maßgebender Tatsachen iSd § 25 Abs 1 AlVG und somit die Rückforderung des unberechtigt Empfangenen. Aus der Gegenüberstellung der einzelnen Tatbestände des § 25 Abs 1 AlVG (unwahre Angaben, Verschweigung maßgebender Tatsachen und Erkennenmüssen, dass die Leistung nicht oder nicht in voller Höhe gebühre) folgt weiters, dass die ersten beiden Tatbestände zumindest mittelbaren Vorsatz - dolus eventualis - voraussetzen, während es für die Anwendung des dritten Tatbestandes genügt, dass Fahrlässigkeit gegeben war. Eine Rückersatzpflicht auf Grund eines der beiden ersten im § 25 Abs 1 AlVG genannten Tatbestände setzt zudem voraus, dass die unwahren Angaben bzw das Verschweigen maßgebender Tatsachen für den Leistungsbezug kausal waren (arg: "herbeigeführt hat").

In der Begründung des Bescheids wird ausgeführt, dass bei der neuerlichen Anweisung der Notstandshilfe nach der Bezugsunterbrechung am 13. Dezember 2005 irrtümlich das Einkommen der Ehefrau des Bf nicht berücksichtigt worden sei. Die Rückforderung wird darauf gestützt, dass der Bf hätte erkennen müssen, dass ihm die Notstandshilfe nicht in der Höhe von EUR 24,55 zustehe.

Vor diesem Hintergrund erweist sich der angefochtene Bescheid als mangelhaft begründet. Dem AMS war, wie sich nicht nur aus dem Notstandshilfeantrag sowie der Lohnbestätigung, sondern auch aus dem Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 2007 über die Berichtigung und Rückforderung für den Zeitraum vom 14. Dezember 2005 bis zum 31. März 2006 ergibt, die Berufstätigkeit der Ehefrau des Bf bekannt. Deren Einkommen wurde auch (zunächst) auf den Notstandshilfeanspruch des Bf entsprechend den Bestimmungen des AlVG sowie der Notstandshilfe-Verordnung angerechnet.

Nun ist zunächst schon fraglich, ob die "Freistellung" der Ehefrau des Bf (gemeint offenbar der Zeitraum des Wochengeldbezugs während des Beschäftigungsverbots nach § 3 MSchG) im vorliegenden Fall überhaupt als gem § 50 AlVG meldepflichtige maßgebende Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen anzusehen wäre; da die Berechnungsgrundlage für das Wochengeld nach § 162 Abs 3 ASVG auf den durchschnittlichen vorangegangenen Arbeitsverdienst abstellt, wäre aber jedenfalls näher darzulegen gewesen, dass und in welchem Ausmaß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf durch den Wochengeldbezug seiner Ehefrau maßgebend verändert haben.

Sollte eine Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse aber eingetreten sein, so kann eine Nichtmeldung des Wochengeldbezugs der Ehefrau jedenfalls nur insoweit kausal für einen Mehrbezug des Bf gewesen sein, als sich dessen Notstandshilfebezug aufgrund der Anrechnung des Wochengeldbezugs gegenüber jenem Bezug verringert, der sich unter Anrechnung des dem AMS unter Vorlage einer Lohnbestätigung zunächst bekannt gegebenen Arbeitsentgelts der Ehefrau ergeben hätte.

Zu diesem entscheidungswesentlichen Punkt hat die belangte Behörde, die durch die Rückforderung aufgrund der von ihr festgestellten unterlassenen Meldung des Wochengeldbezugs offenkundig das ihr unterlaufene Versehen, die Anrechnung des Arbeitsentgelts der Ehefrau "vergessen" zu haben, korrigieren möchte, in der Begründung des angefochtenen Bescheides keine Feststellungen getroffen.