VwGH: Berufsbegleitendes Studium - steht der Studierende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung?
Zufolge der formalen Anknüpfung des § 12 Abs 3 lit f AlVG kommt es weder auf das Vorliegen einer Anwesenheitspflicht des Studierenden an, noch darauf, ob ein derartiges, zum Erwerb eines akademischen Grades führendes Fachhochschulstudium berufsbegleitend angeboten wird
§ 12 AlVG
GZ 2008/08/0011, 26.01.2010
Der BF macht geltend, dass er seit 3. September 2007 an der Fachhochschule des BFI Wien für die Studienrichtung Technisches Vertriebsmanagement inskribiert sei, diese Ausbildung jedoch ausschließlich berufsbegleitend angeboten werde, was bedeute, dass in den Ausbildungsvorschriften auf die Berufstätigkeit der Teilnehmer entsprechend Rücksicht genommen werde. Der Unterricht finde von Montag bis Donnerstag jeweils erst ab 17.30 Uhr statt. Die zeitliche Inanspruchnahme durch den Lehrgang sei gerade auf Personen zugeschnitten, die einer Berufstätigkeit nachgingen. Eine Teilnahme sei allenfalls auch unter Berücksichtigung des im Allgemeinen pro Jahr zur Verfügung stehenden Urlaubes ohne Unterbrechung eines bestehenden Dienstverhältnisses möglich. Es handle sich im vorliegenden Fall um keine Ausbildung iSd § 12 Abs 3 lit f AlVG, sondern um einen Lehrgang iSd § 12 Abs 5 AlVG. Der Lehrgang an einer Fachhochschule beanspruche gerade nicht die vollständige Arbeitszeit und auch nicht die überwiegende Arbeitszeit, da er erst nach der üblichen Arbeitszeit beginne. Der Bf stehe weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.
VwGH: Nach stRsp des VwGH begründet die Ausbildung in einer Schule oder in einem schulähnlichen geregelten Lehrgang kraft Gesetzes die unwiderlegliche Vermutung, dass der Betreffende so lange nicht an einer neuen Beschäftigung, sondern an der Erreichung seines Ausbildungszieles interessiert (und daher nicht arbeitslos) ist, als er in der Schule oder in einem geregelten Lehrgang ausgebildet wird bzw sich der praktischen Ausbildung unterzieht. Seine allfällige bestehende Arbeitswilligkeit kann ein solcher Anspruchswerber daher nicht durch die bloße Erklärung, arbeitswillig zu sein, sondern nur durch die Beendigung der Ausbildung wirksam dokumentieren. Soweit die Vermutung nach § 12 Abs 3 lit f AlVG sich auf den Besuch einer "Hochschule" bezieht, gilt sie nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für "ordentliche Hörer". Für diese Fälle hat der VwGH ausgesprochen, dass schon die Immatrikulation die Vermutung bewirke, dass eine Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt nicht gegeben sei. Diese generelle Vermutung gilt - wie der VwGH bereits ausgesprochen hat - auch für Studierende an einer Fachhochschule. Zufolge der formalen Anknüpfung des § 12 Abs 3 lit f AlVG kommt es weder auf das Vorliegen einer Anwesenheitspflicht des Studierenden an, noch darauf, ob ein derartiges, zum Erwerb eines akademischen Grades führendes Fachhochschulstudium berufsbegleitend angeboten wird. Daher kann auch unerörtert bleiben, ob die Lehrveranstaltungen des in Rede stehenden Studiums ausschließlich am Abend stattgefunden haben.
Eine Maßnahme iSd § 12 Abs 5 AlVG liegt nicht vor. Vom Bf wird nämlich nicht einmal behauptet, dass ihm ein Auftrag des Arbeitsmarktservice erteilt worden ist, den gegenständlichen Lehrgang zu besuchen.