VwGH: Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe iZm Freigrenze für den Sohn
Mit der in § 6 Abs 2 NH-VO erwähnten "rechtlichen Pflicht" wird auf das Unterhaltsrecht verwiesen
§ 6 NH-VO, § 36 Abs 1 AlVG
GZ 2006/08/0246, 21.11.2007
Die belangte Behörde hat die Einstellung und den Widerruf mit dem Umstand begründet, dass der Sohn des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau ein Einkommen über dem Ausgleichszulagenrichtsatz beziehe; deshalb stehe ihm keine Freigrenze mehr zu.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Einstellung bzw den Widerruf der Notstandshilfe mit dem Argument, das Nettoeinkommen des Sohnes des Beschwerdeführers von monatlich EUR 737,27 sei unter Berücksichtigung von dessen Ausbildungskosten von jährlich EUR 726,72 unter dem für das Jahr 2006 maßgeblichen Existenzminimum gelegen. Dem Sohn könne daher, auch wenn er schon über 26 Jahre alt sei, nicht zugemutet werden, ohne elterliche Wohnungsgewährung auszukommen. Er sei daher noch unterhaltsberechtigt, was die belangte Behörde durch Abzug einer weiteren Freigrenze beim Einkommen der Ehefrau des Beschwerdeführers hätte berücksichtigen müssen.
VwGH: Für die Beantwortung der allein strittigen Frage, ob bei der Anrechnung des Einkommens der Ehefrau des Beschwerdeführers Freigrenzen für den gemeinsamen Sohn zu berücksichtigen sind, ist lediglich maßgebend, ob die Ehefrau des Beschwerdeführers zum "Unterhalt" des Sohnes "auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt".
Die belangte Behörde hat sich mit dem Vorliegen dieser Voraussetzung nicht auseinander gesetzt. Sie hat lediglich den nicht näher begründeten Standpunkt vertreten, dass für Personen, welche ein Einkommen über dem Ausgleichszulagenrichtsatz erzielen, keine Freigrenze gebühre. Ein derartiger Ausschluss der Freigrenzenerhöhung kann jedoch § 6 NH-VO nicht entnommen werden. Mit der erwähnten "rechtlichen Pflicht" wird vielmehr auf das Unterhaltsrecht verwiesen. Hiebei ist für die Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit des Sohnes des Beschwerdeführers zwar auch der Ausgleichszulagenrichtsatz als Orientierungshilfe heranzuziehen. Selbsterhaltungsfähigkeit eines Kindes bedeutet aber insgesamt die Fähigkeit zur eigenen angemessenen Bedürfnisdeckung auch außerhalb des elterlichen Haushaltes; benötigt das Kind noch die elterliche Wohnungsgewährung oder Betreuung, so liegt noch keine Selbsterhaltungsfähigkeit vor.
Nach der Rechtsprechung des VwGH kommt als "wesentlicher Beitrag" zum geschuldeten Unterhalt nicht nur ein finanzieller Beitrag in Frage, sondern auch die Betreuung des Kindes im Rahmen der Haushaltsführung.
Von Bedeutung kann aber auch sein, ob und in welcher Höhe das Kind Ausgaben für seine Ausbildung tätigen muss; das Einkommen vermindert zwar den Unterhaltsbedarf, die Kosten der Ausbildung erhöhen ihn wieder.
Nach der dargestellten Rechtslage war die allein auf das Einkommen des Kindes abstellende Betrachtungsweise der belangten Behörde daher rechtswidrig.