19.12.2007 Sozialrecht

VwGH: Nichtergreifung einer sich "sonst bietenden Arbeitsmöglichkeit" und Sanktion gem § 10 AlVG

Die in § 10 AlVG vorgesehenen Sanktionen kommen auch bei der Ausschlagung einer "sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit" in Frage


Schlagworte: Arbeitslosenrecht, Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit
Gesetze:

§ 10 AlVG, § 9 AlVG

GZ 2006/08/0252, 19.09.2007

Die belangte Behörde stützt sich auf die Nichtergreifung einer sich "sonst bietenden Arbeitsmöglichkeit".

VwGH: Eine "sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit" unterscheidet sich nach dem aus dem Gesetzeswortlaut abzuleitenden Konzept des Gesetzgebers von der bloßen Vermittlung durch die regionale Geschäftsstelle dadurch, dass sich eine Arbeitsmöglichkeit in der Regel erst dann "bieten" wird, wenn es entweder nur mehr am Dienstnehmer liegt, dass ein Beschäftigungsverhältnis zustande kommt, oder wenn zumindest der potenzielle Dienstgeber (oder ein von diesem Bevollmächtigter) direkt mit der arbeitssuchenden Person in Kontakt tritt (oder sich ein solcher Kontakt zB im Zuge einer "Jobbörse" ergibt) und ihr (zumindest) ein Vorstellungsgespräch offeriert. Hat hingegen der Arbeitslose mit einem potenziellen Dienstgeber auf Grund ihm bekannt gegebener näherer Daten zum Zwecke der Vereinbarung eines Vorstellungsgesprächs erst von sich aus Kontakt aufzunehmen, dann liegt Vermittlung vor, die - soll sie für den Fall der Weigerung oder Vereitelung nach § 10 AlVG sanktioniert werden - nach dem Gesetz ausschließlich der regionalen Geschäftsstelle des AMS übertragen ist.

In § 10 AlVG ist die sich "sonst bietende Arbeitsmöglichkeit" nicht explizit angeführt. Sie wird nur in § 9 Abs 1 AlVG genannt. Aus dem systematischen Zusammenhang dieser beiden Bestimmungen ergibt sich jedoch ebenso wie aus dem Zweck dieser Regelungen, Leistungsbezieher zu verhalten, ehestmöglich durch die Aufnahme einer Beschäftigung aus dem Leistungsbezug wieder auszuscheiden, dass die in § 10 AlVG vorgesehenen Sanktionen auch bei der Ausschlagung einer "sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit" in Frage kommen. Daraus folgt andererseits jedoch, dass die Beschäftigung im Rahmen der "sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit" auch den Zumutbarkeitskriterien des § 9 AlVG entsprechen muss.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist als angemessene Entlohnung iSd § 9 Abs 2 AlVG zumindest das nach dem im konkreten Fall anzuwendenden Kollektivvertrag gebührende Entgelt für die Beschäftigung erforderlich. Nach den Feststellungen der belangten Behörde wäre die gegenständliche Beschäftigung kollektivvertraglich entlohnt und dieses Kriterium folglich erfüllt gewesen.

Eine "sonst sich bietende Arbeitsmöglichkeit" wird im vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular betreffend die Zuerkennung von Notstandshilfe treffend insofern umschrieben, als sich der Beschwerdeführer ausdrücklich "zur Aufnahme und Ausübung einer am Arbeitsmarkt üblicherweise angebotenen, den gesetzlichen und kollektivvertraglichen Vorschriften entsprechenden, zumutbaren, versicherungspflichtigen Beschäftigung" verpflichtete (vgl § 7 Abs 3 Z 1 AlVG). Ein befristeter Transitarbeitsplatz, der im Rahmen eines vom AMS vermittelten Kurses angeboten wird, wobei der potentielle Dienstgeber mit dem Kursveranstalter identisch ist, wird aber am Arbeitsmarkt nicht üblicherweise angeboten. Er stellt somit auch keine "sonst sich bietende" Beschäftigungsmöglichkeit iSd § 9 AlVG dar, und seine Ablehnung kann folglich auch nicht den Sanktionen des § 10 AlVG unterliegen. Ein solcher Arbeitsplatz wäre auch nicht ein iSd § 10 Abs 1 Z 1 AlVG zuweisbarer.