VwGH: Setzt ein Antrag auf Grenzvermessung gem § 34 Abs 1 VermG voraus, dass er von allen betroffenen Grundeigentümern gestellt wird?
Aus der Verwendung des Begriffes Grundeigentümer in der Mehrzahl kann nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber damit verlangt, ein Antrag gem § 34 Abs 1 VermG auf Umwandlung (§ 17 Z 2) müsse von allen von diesem Antrag betroffenen Grundeigentümern gestellt werden
§ 17 Z 2 VermG, § 34 Abs 1 VermG
GZ 2009/06/0077, 17.08.2010
Der Bf macht geltend, dass im vorliegenden Fall kein Antrag gem § 17 Z 2 VermG vorliege, sondern ein solcher gem § 17 Z 1 leg cit, nämlich der Antrag des Eigentümers eines Grundstückes gem § 18 leg cit. § 34 Abs 1 VermG spreche davon, dass auf "Antrag der Grundeigentümer" Grenzvermessungen zum Zwecke der Umwandlung (§ 17 Z 2) durchzuführen seien. Ein Antrag auf Grenzvermessung gem § 34 Abs 1 leg cit setze voraus, dass er von allen betroffenen Grundeigentümern gestellt werde. Denkmöglich könne daher das Anbringen der Mitbeteiligten nur dahin verstanden werden, dass ein Antrag auf Umwandlung gem § 17 Z 1 leg cit gestellt worden sei und danach ein Plan gem § 18 leg cit vorzulegen sei. Wegen des Fehlens des Planes hätten die Vermessungsbehörden ein Verbesserungsverfahren durchführen müssen. Es liege kein Verfahren zur allgemeinen Neuanlegung des Grenzkatasters vor, wie dies auch von den Behörden vertreten worden sei. Nach Ansicht des Bf sei das Verfahren zur allgemeinen Neuanlegung in den §§ 22 bis 37 VermG geregelt. Dieses Verfahren stehe nach Ansicht des Bf für die Übernahme von einzelnen Grundstücken in den Grenzkataster nicht zur Verfügung. Demgemäß sei es ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte, über den Bestand und den Verlauf von strittigen Grenzen zu entscheiden, ohne dass es im VermG eines Verweises auf den Gerichtsweg bedürfte. Die belangte Behörde habe daher in Anwendung des § 25 Abs 1 leg cit eine Befugnis zur Festlegung von Grenzen in Anspruch genommen, die ihr nicht zukomme. Ließe es der Gesetzgeber zu, dass gem § 34 Abs 2 VermG Grenzvermessungen des Vermessungsamtes ohne entsprechende Plandarstellungen ausreichend wären, wäre ein Grundeigentümer in seinen durch das Gesetz (§§ 18, 18a VermG) geschützten Rechten auf volle Information und Nachvollziehbarkeit der in Aussicht genommenen endgültigen Grenzen (wie im Falle des Antrages eines Grundeigentümers auf Umwandlung gemäß § 17 Z 1 VermG) gegenüber den Fällen des Einschreitens des Vermessungsamtes nach § 34 Abs 1, aber auch Abs 2 VermG unsachlich behandelt. Aus den Vorschriften über die Grenzverhandlung (§§ 24 bis 26) ergebe sich nicht, dass die Grenzverhandlung ohne Vermessungsplan als Vermessungsgrundlage abgeführt werden dürfte. Dem Gesetz liege es insgesamt zu Grunde, dass - wie auch bei Grundteilungen - Vermessungsergebnisse planlich, inhaltlich und unter Anführung der Vermessungspunkte nachvollziehbar dargestellt seien.
VwGH: Dem Vorbringen des Bf kann nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber spricht im § 34 Abs 1 VermG schon deshalb vom Antrag der Grundeigentümer (also in der Mehrzahl), weil er sich in der Folge auf Grenzvermessungen in der Mehrzahl und nicht in der Einzahl bezieht. Aus der Verwendung des Begriffes Grundeigentümer in der Mehrzahl kann somit nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber damit verlangt, ein solcher Antrag gem § 34 Abs 1 VermG auf Umwandlung (§ 17 Z 2) müsse von allen von diesem Antrag betroffenen Grundeigentümern gestellt werden. Dagegen spricht auch, dass in den Erläuterungen zu § 34 Abs 1 VermG ausgeführt wird, dass diese Bestimmung die Fälle regelt, in denen "das Vermessungsamt auf Antrag einer Partei Grenzvermessung durchführen kann". Die Besonderheit des § 34 VermG ist allerdings, dass es in der Hand der Vermessungsämter gelegen ist, ob sie im Hinblick auf die Erfüllung der übrigen gesetzlichen Aufgaben einem solchen Antrag überhaupt entsprechen. Weiters wird in den Erläuterungen ausgeführt, dass nach dieser Bestimmung Vermessungen zum Zwecke der Umwandlung in Frage kommen, da die Anlegung des neuen Katasters nicht nur im privaten, sondern auch im öffentlichen Interesse gelegen ist. Es erweist sich nicht als gesetzwidrig, wenn das Vermessungsamt Vöcklabruck im vorliegenden Fall auf Antrag der Mitbeteiligten ein Verfahren gem § 34 Abs 1 iVm § 17 Z 2 VermG in Gang gesetzt hat.
In einem solchen Verfahren ordnet § 35 Abs 1 VermG ausdrücklich an, dass Grenzvermessungen zum Zwecke der Umwandlung die Grenzverhandlungen gem §§ 24 bis 26, die Vermessung der festgelegten Grenzen gem § 36 und die Erstellung eines Planes umfassen. § 35 Abs 1 leg cit ist die Grundlage, dass im Verfahren gem § 34 VermG die Bestimmungen über die Grenzverhandlungen gem §§ 24 bis 26 gleichfalls zur Anwendung kommen.
Aus § 25 Abs 1 leg cit ergibt sich wiederum, dass in der Grenzverhandlung von den erschienenen beteiligten Eigentümern nach Vorhalt der vorhandenen Behelfe (Grundsteuerkataster, Pläne und andere) der Verlauf der Grenzen festzulegen und in der Weise zu kennzeichnen ist, wie sie § 845 ABGB vorsieht. Aus dieser Bestimmung ergibt sich - entgegen dem Vorbringen des Bf -, dass für eine Grenzvermessung zum Zwecke der Umwandlung gem § 34 VermG als Grundlage die vorhandenen Behelfe heranzuziehen sind und nicht ein Plan wie es § 18 VermG in einem anderen Verfahren vorsieht.
Dagegen, dass eine Grenzvermessung gem § 34 Abs 1 VermG, sofern das Vermessungsamt sie als mit seinen Aufgaben vereinbar ansieht, auch nur von einem Eigentümer in Gang gesetzt werden kann und dieses Verfahren auf der Grundlage der vorhandenen Behelfe zur Festlegung des Verlaufes der Grenze zu führen ist, bestehen keine gleichheitsrechtlichen Bedenken. Von Bedeutung ist dabei auch, dass eine Grenzvermessung zum Zwecke der Umwandlung von Grundstücken in den Grenzkataster immer auch im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Aus dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt sich nicht, dass der Bf durch die verfahrensgegenständliche Verweisung an das Gericht gem § 25 Abs 2 VermG in seinen Rechten verletzt wurde. Die Frage, ob das bereits stattgefundene gerichtliche Verfahren vor dem Kreisgericht Z ein anhängiges gerichtliches Verfahren iSd § 25 Abs 2 VermG darstellt (das bereits abgeschlossen ist) und die Rechtsfolge des § 25 Abs 3 VermG anzunehmen wäre, wird vom Bf nicht aufgeworfen bzw nicht geltend gemacht. Aus der Sicht der für den VwGH maßgeblichen Frage einer durch den angefochtenen Bescheid erfolgenden Rechtsverletzung des Bf im Lichte seines Vorbringens kann darauf nicht eingegangen werden. Dadurch, dass die Vermessungsbehörden verneinten, es liege bereits ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren iSd § 25 Abs 2 VermG vor, konnten sie den Bf nicht in Rechten verletzen, weil andernfalls die für den Bf negative Rechtsfolge des § 25 Abs 3 VermG zum Tragen käme, dass der von der Mitbeteiligten als Eigentümerin ua des Grundstückes Nr 1998/1 angegebene Grenzverlauf als richtig anzunehmen wäre.