VwGH: Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bei "in Aussicht stellen" eines Haftantrags iZm Verwahrungshaft
Das "in Aussicht stellen" eines Haftantrages durch den Staatsanwalt kann einen richterlichen Befehl nicht ersetzen
§ 67a Abs 1 Z 2 AVG, Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG, § 177 StPO aF
GZ 2007/01/1166, 20.06.2008
Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde gem § 67a Abs 1 Z 2 AVG ausdrücklich gegen seine vom 19. Mai 2005, 18.30 Uhr, bis 21. Mai 2005, 10.40 Uhr, dauernde Anhaltung und bringt darin vor, er sei erst 26 Stunden nach Verhängung der Verwahrungshaft zur Sache sowie zu den Voraussetzungen der Verwahrungshaft von Organen der BPD vernommen worden, was in Widerspruch zu § 177 Abs 2 StPO stehe.
Die belangte Behörde führt aus, es sei ausschließlich die Haftzeit vom 19. Mai 2005, 18.30 Uhr bis 21.37 Uhr desselben Tages zu beurteilen gewesen, da zu letzterem Zeitpunkt eine Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Journalstaatsanwalt erfolgt sei und dieser einen Haftantrag "in Aussicht gestellt" habe.
VwGH: Nach stRsp des VwGH zu § 67a Abs 1 Z 2 AVG fallen Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes) dann nicht in den Bereich der Hoheitsverwaltung, wenn solche behördlichen Akte in Durchführung richterlicher Befehle gesetzt werden. Sie sind vielmehr - solange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gestellten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten - funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen.
Feststellungen, dass ein richterlicher Befehl zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers ab dem von der belangten Behörde angeführten Zeitpunkt (19. Mai 2005, 21.37 Uhr) ergangen wäre, finden sich im angefochtenen Bescheid nicht. Die belangte Behörde vertrat vielmehr die Auffassung, sie habe die Anhaltung des Beschwerdeführers nur bis zu diesem Zeitpunkt zu beurteilen, weil zu diesem seitens des Staatsanwaltes ein Haftantrag in Aussicht gestellt worden sei. Dabei verkennt die belangte Behörde jedoch, dass das von ihr angeführte "in Aussicht stellen" eines Haftantrages durch den Staatsanwalt einen richterlichen Befehl (nach § 175 oder § 180 StPO) nicht ersetzen kann, auf Grund dessen die Anhaltung des Beschwerdeführers ab diesem Zeitpunkt funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen wäre. Soweit die belangte Behörde meint, ab diesem Zeitpunkt sei nicht mehr die BPD, sondern alleine der Staatsanwalt "belangbar", ist darauf hinzuweisen, dass eine derartige Erklärung des Staatsanwaltes im Rahmen der Zulässigkeit einer weiteren Anhaltung gem § 177 Abs 2 StPO zu beachten ist (vgl den letzten Satz dieser Bestimmung: "In diesem Fall ist rechtzeitig der Staatsanwalt zu verständigen; erklärt dieser, dass er keinen Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft stellen werde, so ist der Festgenommene sogleich freizulassen"), an der Verantwortlichkeit der Sicherheitsbehörde für die Anhaltung des Beschwerdeführers bis zur Einlieferung bei Gericht aber nichts ändert.